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Niederbacher Bruno: Gerettet - Laetare!
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Gerettet - Laetare!

Autor:Niederbacher Bruno
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2012-03-21

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

1
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Mitten in der Fastenzeit ertönt der Ruf: „Laetare! Freue dich!“ Darin klingt bereits das österliche Halleluja an. Und die Kirche trägt rosa. Wir haben leider kein rosa Kleid. Aber ich habe drei rosarote Rosen mitgebracht, um hier etwas Rosastimmung zu verbreiten.

2
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Laetare! Warum? Weil Gott so ist. Wie ist er? In Bildern müssen wir von ihm sprechen. Wir sind es gewohnt, von Gott als unserem Vater zu sprechen, als unserem Herrn, als unserem Retter, König, Erlöser. Der Introitus aber aus dem Buch Jesaja (66, 10-11) verwendet heute weibliche Bilder: Jerusalem – Symbol für die Gegenwart Gottes – wird mit einer Mutter verglichen: „Saugt euch satt an ihrer tröstenden Brust,“ heißt es, „trinkt und labt euch an ihrem mütterlichen Reichtum.“ Manchmal greift das Alte Testament auf solche Bilder zurück, wenn es beschreiben will, wer Gott für uns ist und wer wir für ihn sind. „Ich ließ meine Seele ruhig werden und still; wie ein kleines Kind bei der Mutter ist meine Seele still in mir,“ sagt der 131. psalm.

3
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Laetare! Warum? Weil Gott dich erfüllen kann. „Saugt euch satt!“ Manchmal, wenn wir die Welt und unser Leben betrachten, und die Dornen und Disteln einer gefallenen Schöpfung spüren – Tsunamis, Kriege, Unfälle, Hunger, Schmerz, Tränen, Leid, Krankheit und Tod – beschleicht uns vielleicht ein Gefühl des Misstrauens. Kann Gott es gut mit uns meinen? Ist er ein bisschen ein Geizhals? Ist er unser Konkurrent? Werden wir nicht zu kurz kommen, wenn wir uns ihm vorbehaltslos überlassen? Dagegen wird die Schrift nicht müde, vom überfließenden, verschwenderischen Reichtum der Gnade Gottes zu erzählen. Das Gute will überströmen, sich mitteilen, sich verschenken. Paulus sagt es uns heute auch: „Gott ist voll Erbarmen.“ Und wir haben es gesungen: „Du öffnest deines Himmels Tor; da bricht ein Überfluss hervor und sättigt Tal und Hügel.“ Saugt euch satt! Gott kann euch ganz erfüllen.

4
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Laetare! Warum? Weil Gott dich beschenkt. Aus Gnade, nicht aus eigener Kraft. Nicht aus eigener Kraft. Wir leben in einer Welt der Leistung, in einer Welt der Macher. Da wird dir nichts geschenkt. Da musst du kämpfen, dich anstrengen, dich gegen die Konkurrenz durchsetzen. Wer nicht leistet, ist verloren. „Mach, mach, mach!“ lautet die Devise, „streng dich an!“ Und manchmal übertrage ich diese Mentalität auf mein Glaubensleben. Ich sage zu mir: „Mit ein bisschen Anstrengung schaffst du es schon; mit ein bisschen Anstrengung kannst du dich aus deinem Sumpf ziehen. Du musst dich nur zusammenreißen, dann glaubst und hoffst und liebst du.“ Aber ich merke, wie all das bald sehr viel Anstrengung wird und mein religiöses Bemühen zur überfordernden Verrenkung. Nein, nein, nein, in der Welt Gottes geht es anders als in unserer Welt. In Gottes Welt sagt Gott zu dir: „Nimm hin und empfange! Lass dich beschenken! Lass dich versöhnen! Lass geschehen!“ Worum es geht, kann man wieder besser in mütterlichen Bildern sagen: das Wort Gottes im Glauben empfangen; es in sich Raum geben; die Geduld haben, die Frucht der Erlösung wachsen und reifen zu lassen; sie mit Freude und Liebe zu betrachten; die Geduld haben, diese Frucht auszutragen.

5
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Laetare! Warum? Weil du gerettet bist. Jetzt schon? Jetzt schon! Und jetzt schon sollen wir es wissen. Gerettet! Das steht wie ein Vorzeichen auf einer Notenzeile, bevor die Noten kommen. Ach, könnten wir unser Leben unter diesem Vorzeichen lesen. Ach, könnten wir es unter diesem Vorzeichen erfahren: unser Aufwachsen, unser Lernen, unseren ersten Kuss, unseren ersten Verlust, das Auf und Ab unseres Lebens, unsere Gipfelerlebnisse und unsere schwersten Stunden, unsere Liebe, unsere Freude, unsere Enttäuschungen, unsere Ängste, unsere Trauer unsere Sorgen, die Banalität unseres Alltags, das scheinbar immer Gleiche. Wäre es nicht ein freieres, ein tröstlicheres, ein froheres Leben, wenn wir es unter diesem Vorzeichen betrachten könnten? Würde mit diesem Glauben nicht das ewige Leben bereits in uns beginnen? Du bist gerettet. Freue dich! Laetare!

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