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Palaver Wolfgang: Friedensbotschaft zum Abschluss der Friedenswanderung und des Friedensgebetes am Herz-Jesu-Sonntag 2019 zur Friedensglocke bei Telfs/Mösern
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Friedensbotschaft zum Abschluss der Friedenswanderung und des Friedensgebetes am Herz-Jesu-Sonntag 2019 zur Friedensglocke bei Telfs/Mösern
(Herz.klang – Friedens.klang, unter anderem veranstaltet von der Katholischen Aktion der Diözese Innsbruck)

Autor:Palaver Wolfgang
Veröffentlichung:
Kategoriekurzessay
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2019-07-03

Inhalt

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In unserer heutigen von kultureller und religiöser Vielfalt geprägten Welt ist der Friede zwischen den Religionen besonders wichtig. In dieser Hinsicht bildete das erste Weltgebetstreffen in Assisi im Jahre 1986, zu dem damals Papst Johannes Paul II. eingeladen hatte, einen wichtigen Meilenstein. Dieses Treffen leitete einen interreligiösen Friedensweg ein, den auch wir – wo immer wir gerade leben und unterwegs sind – gehen können und auch sollen.

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Im Jahre 2016 fand bereits das fünfte Weltgebetstreffen in Assisi statt, zu dem vor drei Jahren Papst Franziskus einlud. Seine Ansprache hatte den Titel „Durst nach Frieden. Religionen und Kulturen im Dialog“ und er erläuterte dabei, was mit Friede genauer gemeint ist:

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„Friede – ein Faden der Hoffnung, der die Erde mit dem Himmel verbindet, ein Wort, so einfach und so schwierig zugleich. Friede heißt Vergebung, die als Frucht der Umkehr und des Gebets von innen her geboren wird und im Namen Gottes die Heilung der Wunden der Vergangenheit möglich macht. Friede bedeutet Aufnahme, Bereitschaft zum Dialog, Überwindung der Verschlossenheit, nicht Strategien zur Absicherung, sondern Brücken zur Überwindung des Abgrunds. Friede heißt Zusammenarbeit, lebendiger und konkreter Austausch mit dem anderen, der ein Geschenk und kein Problem ist, ein Bruder, mit dem man eine bessere Welt aufzubauen versucht. Friede bedeutet Erziehung, ein Aufruf, um jeden Tag die schwierige Kunst der Gemeinschaft zu erlernen, um sich die Kultur der Begegnung anzueignen und das Gewissen von jeder Versuchung zu Gewalt und Verhärtung, die dem Namen Gottes und der Würde des Menschen entgegenstehen, zu reinigen.“[1]

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Vier Bestimmungen für den Frieden hat Papst Franziskus in dieser Rede vorgeschlagen:

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  • Vergebung
  • Aufnahme
  • Zusammenarbeit
  • Erziehung
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Ich möchte zu allen diesen vier Bestimmungen einige eigene Überlegungen hinzufügen.

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Vergebung

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Immer wieder wird heute die Frage aufgeworfen, ob die monotheistischen Religionen nicht ein Mehr an Gewalt in die Welt gebracht haben. Weder ein eindeutiges Ja noch ein eindeutiges Nein ist hier die richtige Antwort. Tatsächlich haben die Abrahamitischen Religionen unsere Sensibilität für die Opfer von Gewalt und Verfolgung geschärft. Wir stehen zurecht immer öfter auf der Seite der Opfer. Aber ohne Vergebung kann die Parteinahme für die Opfer zu einer Eskalation der Gewalt führen. Der gegenwärtige Terrorismus ist ein Beispiel dafür. Terroristen legitimieren sich heute durchwegs als Verteidiger von Opfern. Das gilt für den Attentäter von Christchurch in Neuseeland genauso wie für die Attentäter in Sri Lanka. Die Wahrheit der Opfer muss aber immer mit Vergebung einhergehen. Die Wahrheits- und Versöhnungskommissionen in Südafrika haben uns ein gutes Beispiel dafür gegeben. Vergebung braucht es auch in unseren persönlichen Beziehungen, weil wir erfahrene Beleidigungen viel deutlicher und länger in Erinnerung behalten, als die kleinen Schläge, die wir selbst gegen andere austeilen.

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Aufnahme oder Bereitschaft zum Dialog

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Unsere Bilder und Vorstellungen von unseren Gegnern oder Feinden sind meist reine Phantasieprodukte. Wir malen uns unsere Gegner oft so aus, dass jede Ähnlichkeit mit den real existierenden Personen verloren gegangen ist. Nur der Dialog, das Gespräch miteinander kann diesen Hirngespinsten entgegenwirken. Weil die Phantasien dort am meisten wuchern, wo jeder reale Kontakt fehlt, gibt es Antisemitismus ohne Juden, Islamfeindlichkeit ohne Muslime und eine besonders gesteigerte Angst vor Fremden genau dort, wo Flüchtlinge und Asylanten Mangelerscheinungen sind.

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Zusammenarbeit

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Der Dialog gelingt dort am besten, wo wir mit anderen für gemeinsame Ziele zusammenarbeiten. Es braucht gemeinsame Projekte, die uns näherkommen und zusammenrücken lassen. Seit 2008 veranstalten wir in Jenbach im Rahmen eines interkulturellen und interreligiösen Projektes ein jährliches „Fest der Begegnung“. Das Organisationsteam, in dem Protestanten, Mitglieder der Neuapostolischen Kirche, Muslime, Aleviten, Mitglieder der Bahai Religion, Katholiken und Nichtgläubige zusammenarbeiten, ist durch die Zusammenarbeit über die Jahre zu einem Freundeskreis geworden. Letztes Jahr haben wir das Fest ganz neu organisiert, weil wir was Anreise, Speisen, Getränke und Müllvermeidung betrifft, einen sogenannten green event mit Hilfe von Green Events Tirol, einem Mitglied des Klimabündnisses, durchführen wollten. Der Arbeitsaufwand war zwar enorm, aber wir haben uns gegenseitig im Blick auf das Thema Bewahrung der Schöpfung besser kennengelernt und waren wirklich stolz, dass wir ein umweltfreundlicheres Fest durchführen konnten. Es war für uns heuer ganz selbstverständlich, diesen Weg auch für das Fest 2019 fortzusetzen.

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Erziehung

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Der Weg des Friedens, die Kunst der aktiven Gewaltfreiheit fällt uns nicht einfach automatisch in den Schoß. Friede und aktive Gewaltfreiheit müssen gelernt, eingeübt und trainiert werden. Seit vielen Jahren bin ich als katholischer Christ in der Friedensbewegung aktiv. Vor mehr als dreißig Jahren stießen wir innerhalb der katholischen Kirche oft auch auf Widerstand, wenn wir die Bedeutung und Notwendigkeit der Gewaltfreiheit betonten. Die Entwicklung in der katholischen Kirche in den vergangenen Jahren ist aber durchaus bemerkenswert. Immer stärker haben die letzten drei Päpste die Gewaltfreiheit ins Zentrum der katholischen Lehre gestellt. Johannes Paul II. betonte angesichts des Krieges von George Bush Vater gegen den Irak in seiner Enzyklika Centesimus annus von 1991 die Worte „Nie wieder Krieg“ und fügte hinzu: „Nein, nie wieder ein Krieg, der das Leben der Unschuldigen vernichtet; der töten lehrt und das Leben derer, die töten, gleichfalls zerstört; der eine Dauerspur von Zorn und Haß zurückläßt und die gerechte Lösung jener Probleme, die ihn ausgelöst haben, erschwert!“ (Centesimus annus Nr. 52). In einem Angelus-Gebet im Jahre 2007 hat Papst Benedikt XVI. im Anschluss an die Aufforderung zur Feindesliebe im Lukasevangelium (Lk 6,27) und der Bergpredigt im Matthäusevangelium die Bedeutung der Gewaltfreiheit unterstrichen:

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„Zu Recht wird dieser Abschnitt aus dem Evangelium als die Magna Charta der christlichen Gewaltlosigkeit betrachtet; sie besteht nicht darin, sich dem Bösen zu ergeben – entsprechend einer falschen Interpretation des Wortes ‚die andere Wange hinhalten‘ (vgl. Lk 6,29) –, sondern darin, auf das Böse mit dem Guten zu antworten (vgl. Röm 12,17–21), um so die Kette der Ungerechtigkeit zu sprengen. So versteht man also, daß Gewaltlosigkeit für die Christen nicht ein rein taktisches Verhalten darstellt, sondern eine Wesensart der Person und die Haltung dessen, der so sehr von der Liebe Gottes und deren Macht überzeugt ist, daß er keine Angst davor hat, dem Bösen nur mit den Waffen der Liebe und der Wahrheit entgegenzutreten. Die Feindesliebe bildet den Kern der ‚christlichen Revolution‘, einer Revolution, die nicht auf Strategien wirtschaftlicher und politischer Macht oder der Macht der Medien gründet.“[2]

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Die Lehre vom gerechten Krieg wurde von einer Lehre des gerechten Friedens abgelöst. Die katholische Rechtfertigung der Todesstrafe gehört endgültig der Vergangenheit an. Papst Franziskus betonte in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag 2017 die politische Bedeutung der Gewaltfreiheit: „Gewaltfreiheit: Stil einer Politik für den Frieden“. Eine Enzyklika zur Gewaltfreiheit ist zu erhoffen und vielleicht sogar bald zu erwarten.

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Die aktive Gewaltfreiheit muss ins Zentrum unser Erziehung gerückt werden. Das gilt für die Schulen und Universitäten genauso wie für die Theologischen Fakultäten, wo es gilt, immer besser zu verstehen, warum Gewalt kein Name Gottes ist. Genau darauf wies auch Papst Franziskus in seiner Ansprache in Assisi 2016 hin: „Werden wir nicht müde zu wiederholen, dass der Name Gottes die Gewalt nie rechtfertigen kann. Allein der Friede ist heilig. Nur der Friede ist heilig, nicht der Krieg!“

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Die aktive Gewaltfreiheit muss auch für die notwendigen gesellschaftlichen Veränderungsprozesse eingeübt werden. Ich möchte meine Überlegungen damit schließen, dass die Sorge um das Klima, das ökologische Engagement, das heute gerade von den jungen Menschen – Fridays for Future – vorangetrieben wird, auch diese Gewaltfreiheit braucht. Wo es um alles oder nichts, das Überleben der Menschheit geht, gibt es auch die Versuchung zur Gewalt. Wir brauchen aber Umweltfighter, die Übung in der Praxis der aktiven Gewaltfreiheit haben. Der amerikanische Umweltaktivist und Bestsellerautor Bill McKibben, der sich seit vielen Jahren mit Fragen der Erderwärmung und Alternativenergien auseinandersetzt hat, schreibt in seinem neuen Buch Falter: Has the Human Game Begun to Play Itself Out? (deutsch im September 2019: Die taumelnde Welt: Wofür wir im 21. Jahrhundert kämpfen müssen), dass wir im Blick auf die Zukunft unsere Hoffnungen auf zwei „Technologien“ setzen müssen: die Solarenergie und die Gewaltfreiheit. Gewaltfrei müssen wir die Gesellschaft zur ökologischen Umkehr bewegen. Die Erziehung zur aktiven Gewaltfreiheit ist die Grundlage für dieses notwendige Engagement.

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[1] http://w2.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2016/september/documents/papa-francesco_20160920_assisi-preghiera-pace.html

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[2] http://w2.vatican.va/content/benedict-xvi/de/angelus/2007/documents/hf_ben-xvi_ang_20070218.html

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