Die Polizei im Reichsgau Tirol und Vorarlberg
Forschungsprojekt | 2024–2028
Das Projekt untersucht die Tätigkeit der Polizei im Reichsgau Tirol und Vorarlberg zwischen 1938 und 1945 sowie den politischen und juristischen Umgang mit Taten und Personal der Polizei nach 1945. Berücksichtigt wird auch Osttirol, das zum Reichsgau Kärnten gehörte. Das Erkenntnisinteresse erstreckt sich erstens auf Funktionen der Sicherheits- und Ordnungspolizei bei der Umsetzung von gesellschaftspolitischen Ordnungsvorstellungen des NS-Regimes („deutsche Volksgemeinschaft“), zum zweiten auf die Beteiligung von Polizisten und Gendarmen aus dem Reichsgau Tirol und Vorarlberg an der Durchsetzung von Besatzungsherrschaft im Kontext der deutschen Kriegsführung und Machtexpansion an verschiedenen Schauplätzen in Europa.
Mit einer akteurszentrierten Analyse soll die gesamte Bandbreite von polizeilichem Handeln ausgelotet werden: von der aktiven Beteiligung an der Shoah und an Besatzungsverbrechen und Widerstandsbekämpfung, über ambivalentes Verhalten zwischen Konformismus und Nonkonformismus bis hin zu widerständigem Handeln und der Beteiligung an der Befreiung vom Nationalsozialismus. Vor dem Hintergrund des Neuaufbaus der Exekutive nach 1945 stellt sich die Frage, wie polizeiliches Handeln in einer Diktatur nach 1945 im demokratischen Rechtsstaat bewertet wurde. Wie stark war die Demarkation?
Das Forschungsprojekt stützt sich auf historische Quellen der Landespolizeidirektion Tirol sowie Dokumente in österreichischen und internationalen Archiven. Außerdem versuchen wir private Nachlässe von Polizeibeamten zu erschließen, wie Fotoalben, Kriegstagebücher und Korrespondenzen. So wurde uns kürzlich der Nachlass des Tiroler Reservepolizisten des Polizeiregiments 19 Friedrich Spiel übergeben, der im Außenlager des KZ Mauthausen am Loibl/Ljubelj eingesetzt war, dort fotografiert hat und 1947 als Zeuge im britischen Prozess gegen die Lager-SS aufgetreten ist. Ein anderes Fundstück ist ein Album, das den Dienst eines Polizisten von 1930 bis 1960 durch drei politische Systeme dokumentiert.
Wir sind weiter an Nachlässen von Angehörigen der Gendarmerie und Polizei interessiert. Sie können gerne mit uns Kontakt aufnehmen.
Förderungen:
Bundesministerium für Inneres
Abteilung Kultur, Förderschwerpunkt Erinnerungskultur / Land Tirol
Land Vorarlberg
Stadt Innsbruck
Projekt:
Projektleitung: Priv. Doz. Mag. Dr. Peter Pirker
Studentische Mitarbeit: Sarah-Maria Feuerstein, Alexander Obertimpfler
Fallstudien: Mag. Isabella Greber, Mag. Dr. Sabine Pitscheider
Kontakt:
Priv.-Doz. Mag. Dr. Peter Pirker
Institut für Zeitgeschichte
Universität Innsbruck
Innrain 52d, 6020 Innsbruck
Peter.Pirker@uibk.ac.at
Bild: © Peter Pirker