Den Anstoß für mein Dissertationsvorhaben bildete die Tatsache, dass,
sobald von der Wiener Werkstätte gesprochen wird, stets berühmte
Männernamen wie Josef Hoffmann, Koloman Moser und dergleichen fallen.
Die Frauen, die ebenfalls maßgeblich zum Erfolg der Wiener Werkstätte
beigetragen haben, bleiben dabei meist unerwähnt. Einigen
Interessierten ist der ein oder andere Frauenname vielleicht schon
einmal untergekommen, doch den meisten Personen ist gar nicht bewusst,
dass es Frauen gab, die an der Wiener Werkstätte beteiligt waren.
Daher möchte ich mit meiner Dissertation eine dieser Frauen,
namentlich Rose Krenn (manchmal auch Rosa; geboren Krenn, verwitwet
Bayr, verheiratet Seberiny; geboren 1884, gestorben 1970), näher
betrachten.
Die Auswahl fällt auf sie, da sie nicht nur in Wien, sondern auch in
Tirol künstlerisch tätig war und ich somit, im Zuge einer posthumen
Ausstellung zu ihrer Person, die im Rabalderhaus in Schwaz stattfand,
Einblick in ihr umfassendes Werk bekommen konnte. Dieser Einblick
weckte mein Interesse in Bezug auf die Frage, welche Chancen Frauen
zur Zeit der Wiener Werkstätte und der damals vorwiegend
männerdominierten Gesellschaft als Künstlerinnen hatten.
Denn Künstlerinnen gab es zur Genüge, wie man allein anhand der
Ausbildungszahlen der Kunstgewerbeschule Wien sehen kann.
Umso fraglicher ist es, dass dennoch die meisten dieser Studentinnen
keine Architektinnen wurden, wie ihre männlichen Kollegen, sondern
eine kunstgewerbliche Ausbildung erhielten. Die hohe Kunst stand
Frauen demnach, trotz der großen Anzahl weiblicher Studierender, nicht
offen. Denn obwohl diese Frauen die Fachklasse architektur bei Josef
Hoffmann besuchten, wurden sie in dekorativem Arbeiten, anstelle des
Entwerfens von Gebäuden, geschult.
Es stellt sich die Frage, warum das so war. Weshalb gab es überhaupt
diese höchst fragwürdige Unterscheidung von hohen und niederen
Künsten? Warum wurde den Frauen die Lehre der hohen Künste verwehrt?
Und gab es dennoch Frauen, die architektonische Studien anfertigten?
Sind architektonische Entwürfe von Frauen zu finden, die zu dieser
Zeit an der Wiener Kunstgewerbeschule entstanden?
Krenn ist, unter anderem, dafür bekannt, Möbelstücke entworfen zu
haben und unter ihren Möbelentwürfen befinden sich auch
innenarchitektonsiche Ansichten. Sie befasste sich demnach nicht nur
mit dem Kunstgewerbe, sondern auch mit den hohen Künsten, was sie
zunehmend interessanter macht.
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