Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und der seit der Hamas-Attacke vom 7. Oktober 2023 militärisch extrem eskalierte Nahostkonflikt sowie eine Vielzahl anderer Kriegshandlungen (etwa in Äthiopien, Darfur oder Jemen) sind die vielleicht deutlichsten Belege dafür, dass viele Teile der Welt vermehrt von kriegerischer Gewalt gezeichnet sind. Tatsächlich hat es die letzten beiden Jahre (2022 und 2023) so viele Kriegstote gegeben, wie dies schon seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr der Fall war. Zugleich hat sich die Klimaerwärmung und die Biodiversitätskrise global so verschärft, dass verschiedene Gegenden tendenziell unbewohnbar werden, jedenfalls massiv unter Druck stehen. Eine der vielen Folgen sind Hungerkatastrophen und Verwüstungen. Angesichts dieser komplexen Krisen- und Kriegskonstellation ist die Unit for Peace and Conflict Studies an der Universität Innsbruck an zwei Erasmus+-Projekten beteiligt, die es sich zum Ziel gesetzt haben, vermittels der Förderung von Peace Education (Friedensbildung) im Rahmen formaler und nicht-formaler Bildungsangebote einen Beitrag zur Entwicklung nachhaltiger Kulturen des Friedens zu leisten.
Bei den beiden Projekten handelt es sich zum einen um das AARMENA-Projekt (Academic Alliance for Reconciliation in the Middle East and North Africa), welches vom Jena Centre for Reconciliation Studies koordiniert wird und eine Kooperation mit Universitäten in Jordanien und Palästina umfasst, wobei die Al-Azhar-Universität in Gaza mittlerweile fast vollständig zerstört wurde, was dem Projekt eine zusätzliche Aktualität verleiht. Zum anderen ist die Unit for Peace and Conflict Studies auch am PeaceEdu-Projekt (Curriculum Reform to Promote Education for Peace in Ukraine, Georgia and Moldova) beteiligt, welches vom Tampere Peace Research Institut (TAPRI) koordiniert wird und eine Zusammenarbeit mit Universitäten und NGOs in Georgien, Moldawien und der Ukraine darstellt. Was beide Projekte miteinander verbindet, ist der gezielte Fokus auf Peace Education, wobei vor allem die Entwicklung fachlicher, institutioneller und persönlicher Kompetenzen im Mittelpunkt steht, wofür in beiden Fällen die Unit for Peace and Conflict Studies die akademische Hauptverantwortung trägt.
Die parallel stattfindenden Projekttreffen in Innsbruck dienten einerseits dazu, gemeinsam mit den Mitgliedern des AARMENA-Projekts, das nach drei bewegten Jahren zu Ende geht, die Umsetzung der einzelnen master-Studien mit verschiedenen Schwerpunkten (Communal Peacebuilding, Cybersecurity, Digital Peacebuilding etc.) sowie zukünftige gemeinsame Projektideen zu besprechen. Andererseits wurde mit den Mitgliedern des PeaceEdu-Projekts, das sich gerade im ersten Jahr befindet, diskutiert, wie die Bedürfnisse der teilnehmenden Länder des Osten Europas (russische Okkupation und Aggression, ethnokulturell geprägte Konflikte, institutionelle Krisen usw.) so berücksichtigt werden können, dass sich ein integriertes und zugleich fundiertes Konzept zur Förderung von Peace Education durch spezifische Bildungs- und Weiterbildungsangebote ergibt. Da zu befürchten ist, dass kriegerische Gewalt in den kommenden Jahren eher zu- als abnehmen wird und dass sich auch sonst Krisen weiter verschärfen werden, kommt dem Bereich der Friedensarbeit durch Peace Education, auf den sich die Innsbrucker Unit for Peace and Conflict Studies spezialisiert hat, eine ganz besondere, zukunftsweisende Bedeutung zu.
(Andreas Oberprantacher)