Foto: Andreas Friedle
Die pharmaziehistorische Sammlung „Dittrichiana“
Die sogenannte „Dittrichiana“ gehört zu den umfangreichsten Sammlungen von heilkundlich verwendeten Objekten pflanzlichen und tierischen Ursprunges im deutschsprachigen Raum und ist seit mehr als 100 Jahren an der Universität Innsbruck beheimatet.
Der Großteil der Objekte wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vom Apotheker Josef Dittrich (1818–1898) in Prag zusammengetragen, dessen Privatsammlung am Ende seines Lebens ca. 30.000 Exponate umfasst haben soll. Ein nicht unerheblicher Teil der Objekte ging allerdings nach Dittrichs Tod verloren und die verbliebene Sammlung wurde von dem ebenfalls aus Prag stammenden Josef Nevinny (1853–1923) käuflich erworben. Dieser hatte zwischen 1893 und 1922 die Lehrkanzel für Pharmakologie und Pharmakognosie an der Universität Innsbruck inne. So kam die Sammlung in den Besitz der Universität. Unter Maria Kuhnert-Brandstätter zog das Institut für Pharmakognosie im Jahre 1982 von der Peter-Mayr-Str. 1/1a ins Josef-Moeller-Haus am Innrain 52c und die Sammlung erhielt einen eigenen Schauraum. Seit 2016 ist die „Dittrichiana“ in einem neuen Museumsraum im 2. Stock des Josef-Moeller-Hauses untergebracht. Die Sammlung umfasst heute mehr als 10.000 Exponate aus aller Welt, die entweder Anwendung in der Medizin, als Volksheilmittel, Lebensmittel finden oder in technischer Hinsicht bedeutsam sind bzw. waren.
Dittrich sammelte aber auch Gegenstände aus dem Naturreich, die sich durch eigentümliche Form oder besondere Eigenschaften bemerkbar machen. Etwa 95 % der Sammelstücke sind pflanzlichen und 2 % tierischen Ursprunges. Der Rest umfasst historisch interessante synthetische Arzneistoffe, Zubereitungen, Arzneigefäße und Arbeitsutensilien wie Waagen, Pillenbretter und Mörser. Die pflanzlichen Exponate stammen von weit mehr als 3.000 Arten, wobei bestimmte Vertreter wie z. B. Chinarinde, Schwarztee, Baumwolle oder Reis mit bis zu 100 oder mehr verschiedenen Proben vertreten sind.
Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang auch über 50 verschiedene Indigoproben (blauer Farbstoff, Blue Jeans) und 20 Proben von Cochenilleläusen, die aufgrund des roten und nicht toxischen Farbstoffes Karminsäure zum Färben von Lebensmitteln verwendet wurden (Campari) und werden. Einzigartig ist auch der umfangreiche Bestand von etwa 2.000 Holzproben aus allen Regionen der Welt. Zu den Kuriositäten der Sammlung gehören unter anderem eine ausgestopfte Nileidechse, eine Mumienleinwand, Vogelnester aus Indien, China und Java, Kautschukschuhe aus dem Jahre 1855, Schildkröteneier, präparierte Haifischflossen, der Schwanz einer Zibethkatze und ein Kugelfisch aus dem Nil. Es findet sich dort auch das „Horn eines Einhorns“, dessen Einsatz als vielseitiges Heilmittel insbesondere auf die Abhandlungen von Hildegard von Bingen im 12. Jahrhundert zurückgeht. Das Horn stammt allerdings nicht vom mythischen vierbeinigen Fabelwesen, sondern vom Narwal, der auch als „Einhorn der Meere“ bezeichnet wird.
Die „Dittrichiana“ repräsentiert einen Großteil der in Heilkunde, Diätetik oder Technik verwendeten Naturprodukte und somit ein Stück Wissenskultur und Menschheitsgeschichte.
Sammlungsbetreuung
Univ.-Prof. Mag. Dr. Ulrich Griesser
Institut für pharmazie
T: +43 512 507 58650
E: ulrich.griesser@uibk.ac.at
Literatur zur Sammlung
Dittrich, Josef: Die Pharmakognostische Sammlung des Apothekers Josef Dittrich in Prag. Aufgestellt zur Feier der dritten Generalversammlung des Allgemeinen Österreichischen Apothekervereins, Prag 1863.
Kuhnert-Brandstätter, Maria: Die Dittrichiana aus Prag im Institut für Pharmakognosie der Universität Innsbruck, in: Österreichische Apothekerzeitung 39, S. 403ff.