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Tours – klein und lebendig - Lisa Harrasser - Wintersemester 2017/18

 

Internationales

 INTRAWI unterwegs: Erfahrungsberichte

Tours – klein und lebendig

Lisa Harrasser
erasmus in Tours, Wintersemester 2017/18

Zum ersten Mal in Frankreich. Und das ein ganzes Semester lang. Die Vorfreude war groß: Endlich die eigenen Französischkenntnisse mit echten Muttersprachler:innen auf die Probe stellen und mal in eine neue Kultur hineinschnuppern. Genauso groß war aber auch das mulmige Gefühl in meinem Bauch bei der Vorstellung, ganz auf mich alleine gestellt zu sein: Was, wenn ich die Leute dort nicht verstand? Was, wenn die Uni-Kurse zu schwer für mich waren? Tja, da musste ich jetzt wohl durch. Das Abenteuer ins Ungewisse konnte beginnen.

Nachdem ich kurzerhand erfolgreich eine Hausratsversicherung abgeschlossen hatte und stolze Inhaberin eines französischen Bankkontos war, fiel mir ein echter Stein vom Herzen. Geht doch! Jetzt musste ich mich nur noch in der Stadt und in der Uni zurechtfinden und mich in meinem Wohnheim einleben, wo auch schon die nächste Herausforderung auf mich wartete: eine Gemeinschaftsküche, aber keine Pfannen, keine Töpfe, kein Geschirr. Aber auch das bekam ich hin, denn die Uni in Tours hat uns viele solcher Utensilien zur Verfügung gestellt. Ein lustiger Anblick war das schon, als dann Studierende mit großen Kleiderständern, Bügeleisen und Staubsaugern unterm Arm durch die Straßen zu ihren Wohnheimen marschierten.

Was die Stadt an sich betrifft, so war ich sofort begeistert, als ich durch die malerischen Altstadtgassen mit ihren Fachwerkhäusern spazierte, neugierig all die süßen Köstlichkeiten in den Vitrinen der Pâtisseries bewunderte, die Rue Nationale mit ihren edlen Boutiquen entlangschlenderte und am imposanten Rathaus mit kunstvoll gestaltetem Vorplatz vorbeikam. Überall war was los, alles fühlte sich so lebendig an. Zu meinem Glück fanden kurz nach meiner Ankunft in Tours die Journées du Patrimoine statt, sogenannte Denkmaltage, an denen viele Museen und Kulturstätten kostenlos ihre Tore öffneten und zu interessanten Führungen einluden. Diese Gelegenheit ließ ich mir natürlich nicht entgehen und besuchte unter anderem das Musée du Compagnonnage (ein Museum über die Geschichte des Kunsthandwerks und des französischen Zunftwesens), die Bibliothèque Municipale, die Cathédrale Saint-Gatien, das Château de Tours und den Jardin Botanique.

Ja, die Stadt hat echt viel zu bieten. Hinzu kommen die ganzen Ausflüge, die vom International Relations Office für erasmus-Studierende organisiert wurden: Vom Tagestrip nach Bordeaux über die Schlösser des Loire-Tals bis hin zu Weinverkostungen war alles dabei. Eines aber merkte ich schnell: Ich sprach nicht so viel Französisch, wie ich mir das vorgestellt hatte. Es war dann doch irgendwie einfacher, mit erasmus-Leuten ins Gespräch zu kommen als mit den Franzosen und Französinnen an der Uni. Ich meldete mich also zu sogenannten Tandem-Gesprächen an. Der Koordinator für Deutsch-Französisch war sehr zuvorkommend und freute sich über mein Interesse. Wöchentlich traf ich mich mit verschiedensten französischen Studierenden aus den verschiedensten Fachrichtungen, die gern ihr Deutsch verbessern wollten und sich im Gegenzug mit mir auf Französisch unterhielten und mir so Land und Leute näherbrachten. „Da hast du aber die ideale Stadt für deinen erasmus-Aufenthalt ausgesucht“, sagten mir viele, „die Region Touraine ist nämlich für ihr reines Französisch bekannt; die Leute hier sprechen sehr klar, akzentfrei und ohne dialektalen Einfluss.“ Da ich zum ersten Mal in Frankreich war, war mir das nicht sofort aufgefallen, aber ja, ich staunte, wie gut ich die Einheimischen verstand, auch wenn sie manchmal etwas schnell sprachen.

Auch den Lehrveranstaltungen konnte ich gut folgen. Die Kurse waren interessant und die Dozent:innen sehr nett; viele freuten sich sogar, jemanden aus Innsbruck da zu haben. Ich hatte das schöne Gefühl, willkommen zu sein.

Was soll ich sagen, ich war voll drin im Leben à la française, hatte Freunde und Freude an meinem erasmus-Semester. Und ganz im Sinne des Sprichworts „Man soll gehen, wenn es am schönsten ist“ war mein Abenteuer auch schon wieder vorbei. Was mir eingangs noch als ein ganzes langes Semester vorkam, war bei meiner Abreise nur noch ein viel zu kurzes.

Text: Lisa Harrasser

 

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