An Quantencomputern wird weltweit geforscht: Sie können theoretisch Berechnungen durchführen, die mit unseren gewohnten, klassischen Computern unüberblickbar lange dauern würden. Allerdings sind auf diesem Gebiet noch wichtige physikalische Fortschritte nötig: Es muss noch besser und zuverlässiger gelingen, eine möglichst große Zahl von Quantenobjekten gemeinsam zu kontrollieren.
Viel mehr Erfahrung gibt es bereits im Bereich des High-Performance-Computings: Bestimmte Rechenaufgaben lassen sich lösen, indem man sie in Einzelteile zerlegt und auf eine riesengroße Zahl von Prozessoren verteilt, die gleichzeitig daran arbeiten.
Nun sollen diese beiden Welten miteinander verbunden werden: Im Rahmen der Förderinititative Quantum Austria, finanziert von der Europäischen Union – NextGenerationEU und umgesetzt durch den österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und die österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG im Auftrag des Österreichischen Bundeministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung BMBWF, wird nun ein Hybrid-System aufgebaut, das klassische Hochleistungscomputer und Quantencomputer miteinander verbinden wird. Geleitet und koordiniert von der Universität Innsbruck, vereint das interdisziplinäre Projekt neben Physiker:innen und Informatiker:innen der TU Wien auch Forscher:innen der Johannes Kepler Universität Linz sowie mehrere Firmen mit einschlägigem Know-How: darunter die Innsbrucker Quantencomputerschmiede Alpine Quantum Technologies GmbH (AQT) und die auf Optimierungsprobleme und spezialisierte Wiener Logistikfirma Math.Tec. Zusammen will das ungewöhnlich breitgefächerte Team nicht nur im Bereich der Forschung neue Wege gehen, sondern die neuartige Vereinigung aus Hochleistungs- und Quantum Computing als Cloud-Lösung für viele neue interessierte User benutzbar werden.
Das Beste aus zwei Welten
Schon lange bevor Quantencomputer überhaupt technologisch in Reichweite waren, gab es bereits theoretische Arbeiten, die zeigten: Ganz bestimmte Sorten von Rechenaufgaben lassen sich unvergleichlich viel schneller lösen, wenn man die Besonderheiten der Quantentheorie nutzbar macht. Während ein klassischer Computer immer mit Bits arbeitet, die entweder den Wert 0 oder 1 haben können, arbeitet ein Quantencomputer mit Qubits, die eine beliebige Kombination der Werte 0 und 1 annehmen können.
„Allerdings ist es realistisch betrachtet immer nur ein Teil eines Programms, den man sinnvollerweise auf Quantencomputern laufen lassen kann“, erklärt Prof. Ivona Brandic (Institut für Information Systems Engineering, TU Wien). „Manche Rechnungen lassen sich auf einem klassischen Rechner besser lösen. Daher wird man in der Praxis beide Welten miteinander vereinen müssen.“
Außerdem können klassische Computer auch dabei helfen, zu überwachen, ob Quantencomputer auch tatsächlich die richtigen Ergebnisse liefern. Insofern ist die Kombination von Quantencomputer und klassischem Hochleistungscomputer ein logischer nächster Schritt.
Österreich in globaler Spitzenposition
Wie ein solches Hybrid-System aus klassischem und Quanten-Computer allerdings genau funktionieren soll, ist bisher noch nicht ganz klar. Das soll sich durch das ambitionierte neue Forschungsprojekt nun ändern. „Wir sind in Österreich hier in einer hervorragenden Position“, sagt Nicolai Friis (Atominstitut, TU Wien). „Es geht darum, die Quanten-Forschung mit der Informatik-Forschung zu verbinden, und in beiden Forschungsfeldern gibt es in Österreich weltweit führende Forschungsgruppen. Das ist ein entscheidender Vorteil, der uns nun wirklich die Möglichkeit gibt, weltweit beachtete Maßstäbe zu setzen.“
Schon in vergangenen Jahren haben österreichische Universitäten Hochleistungs-Rechenkapazitäten mit großem Erfolg miteinander geteilt – so wurde etwas der Supercomputer VSC von mehreren österreichischen Universitäten gemeinsam betrieben. Gleichzeitig sorgte auch die österreichische Quantenforschung immer wieder für internationales Aufsehen, auch die Quanten-Community ist österreichweit gut vernetzt.
Ein Herzstück des Hybrid-Projekts werden die Quantencomputer-Anlagen in Innsbruck sein. Dort kann man mit Ionen, die in elektromagnetischen Fallen festgehalten werden, Quanten-Operationen durchführen. Aber auch andere Technologien sollen in das Projekt eingebunden werden, etwa Hardware der Firma IBM. „Wir wollen klassisches High-Performance Computing und Quantum Computing möglichst leicht zugänglich machen – sodass man mit geringem Aufwand vom eigenen Computer aus beide Welten gleichzeitig nutzen kann“, erklärt Thomas Monz, Projektkoordinator an der Universität Innsbruck.
Gemeinsame Sprache finden
Viele wichtige Fragen sollen durch dieses Projekt geklärt werden: Wie kann man Computercodes sinnvollerweise aufteilen, in einen Teil, der am klassischen Computer läuft, und einen Teil, der auf einer Quantenmaschine läuft? Aber manche Fragen werden wohl überhaupt erst durch diese neuartige Form der Zusammenarbeit aufgeworfen werden: Welche neuen Probleme ergeben sich daraus? Wie lässt sich in der Praxis die Zuverlässigkeit der Ergebnisse maximieren? „Es ist in gewissem Sinn auch ein soziales Experiment“, sagt Vincenzo De Maio (Institut für Information Systems Engineering, TU Wien). „Ganz unterschiedliche Teams aus zwei verschiedenen Welten – aus Physik und Computerwissenschaft – müssen eine gemeinsame Sprache finden, müssen gemeinsam Probleme lösen. Das wird sehr spannend, wir werden dabei sicher eine Menge lernen.“
Das Projekt, welches mit einem Kick-Off-Event am 27. April 2023 offiziell gestartet und mit einer Gesamtsumme von 4,4 Millionen Euro gefördert wurde, läuft mittlerweile im zweiten Jahr von geplanten drei Jahren Laufzeit.