Projekte
Museum in der Lehre
Lehrveranstaltungen im Museum
Bei der Nutzung archäologischer Universitätsmuseen in der Lehre stand von Anbeginn das Lernen an und mit den Exponaten im Museum, also das Beschreiben, Zeichnen, Datieren sowie das Erfassen kunsthistorischer Kriterien, im Mittelpunkt. Die Möglichkeiten, an Objekten aus der Originalsammlung oder auch an der sowohl in Aussehen als auch Dimension identischen Kopie eines antiken Kunstwerkes in der Abguss-Sammlung ausgebildet zu werden, kann durch keine noch so gute und detailreiche Abbildung ersetzt werden. Abguss-Sammlungen beinhalten schon aus ihrem Selbstverständnis heraus die bedeutendsten Objekte der antiken Kunst, geben so einen repräsentativen Querschnitt und ermöglichen eine Erweiterung der Kenntnis des antiken Denkmälerbestandes.
Abgesehen vom Lernen am Objekt und im Rahmen theoretischer Lehrveranstaltungen, erscheinen gerade in Hinblick auf eine praxisnahe Ausbildung und damit einhergehend neue Berufsperspektiven eine Einbindung der Studierenden in sämtliche Bereiche der Museumskunde, der Museologie, des Ausstellungs- und Vermittlungswesens in hohem Maße sinnvoll und wichtig. Gerade bei der Ausarbeitung und Gestaltung neuer Sonderausstellungen, dem Verfassen von Katalogtexten, der Öffentlichkeitsarbeit, sowie auch der Entwicklung des gesamten Vermittlungs-, Führungs- und museumspädagogischen Programms kann den Studierenden so bereits während der Studienzeit im Sinne des „Lernens durch Forschen“ die Möglichkeit geboten werden, im Rahmen praxisnaher Lehrveranstaltungen in die realen Tätigkeiten eines Museums eingebunden zu werden.
Seit der Übersiedelung ins ATRIUM-Zentrum für Alte Kulturen fand daher wieder eine verstärkte Einbeziehung der Sammlung in die Lehre statt.
Universität Innsbruck
2009/10: Arbeitsgemeinschaft: Archäologische Arbeitsgemeinschaft museale Forschungen: Inventar und Museumskatalog
2009, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015: Übung: Medien- und Museumsarbeit
2010/11: Praktikum: Archäologisches Arbeiten - Planung und Adaption der Sonderausstellung „Hetären.Blicke – Klischees und Widersprüche“ mit Begleitpublikation
2012/13, 2013, 2013/14, 2014, 2014/15, 2015: Vorlesung/Übung Forschungsdokumentation und –präsentation: Ausstellungsgestaltung
2013/14: Arbeitsgemeinschaft: Museale Vermittlung
2015/16, 2017/18, 2018/19, 2019/20: Vorlesung/Übung: Museums- und Ausstellungswesen
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
2011: Übung: Museologie (Gastvortrag im Rahmen der erasmus - Dozierendenmobilität)
Bauhaus Universität Weimar/Friedrich-Schiller-Universität Jena
2011/12: Übung: Archäologie und Medien - Pressearbeit und Wissenschaftskommunikation im Spannungsfeld von Forschung und Öffentlichkeit (im Rahmen von ArchaeoSkills 3 Weimar/Jena
Ludwig-Maximilians-Universität München
2011/12: Übung: Archäologie und Medien - Pressearbeit und Wissenschaftskommunikation im Spannungsfeld von Forschung und Öffentlichkeit (im Rahmen von ArchaeoSkills 3 München)
Universität Zürich
2012: Kolloquium/Üung: Archäologie und Medien - Pressearbeit und Wissenschaftskommunikation im Spannungsfeld von Forschung und Öffentlichkeit (Lehrveranstaltung im Rahmen der erasmus - Dozierendenmobilität)
Pädagogische Hochschule Tirol
2011/12: Exkursion: Das Archäologische Museum Innsbruck im ATRIUM–Zentrum für Alte Kulturen (Block / 1 Nachmittag)
2016/17, 2018/19: Auf den Spuren der Antike – Möglichkeiten der Einbeziehung des Archäologischen Universitätsmuseums Innsbruck in den eigenen Unterricht (Block / 1 Nachmittag)
Preis für museale Lehre
Mit dem seit 2008 bestehenden Lehreplus! … dem Preis für exzellente und innovative Lehre honoriert das Vizerektorat für Lehre und Studierende der Universität Innsbruck alle zwei Jahre besonders herausragende Initiativen im Rahmen des regulären Lehrbetriebs. Für den Preis vorgeschlagen werden die Projekte von Vertreterinnen und Vertretern der Studierenden und der Fakultäten. 2010 erging ein Anerkennungspreis an Florian Müller für seine musealen Lehrveranstaltungen.
Presse: „Oskars“ für herausragende Hochschullehre vergeben, ipoint 27.10.2010
Qualifizierungsarbeiten
Vera Maria Unterfrauner
Gips in der Antike. Minderwertiger Werkstoff oder eigenständiges Kunstobjekt?
(BA-Arbeit 2018)
In der Antike war Gips dank der vielen Lagerstätten im Mittelmeerraum reichlich verfügbar und wurde für unterschiedlichste Zwecke genutzt. Diese können in vier Gruppen eingeteilt werden.
- Gips im Herstellungsprozess von Originalstatuen
- Das Kopieren von Kunstobjekten mit Gips
- Totenmasken aus Gips
- Kunstwerke aus Gips?
Gipsmodelle wurden als Vorlage für Statuen verwendet, und mithilfe von Gussformen aus Gips Bronzestatuen hergestellt.
Auch ist der Einsatz von Gips zu Vervielfältigungs- und Reproduktionszwecken im Kunsthandwerk der Antike eindeutig belegt. Dabei konnten dank der Gipsabgüsse originalgetreue Kopien hergestellt werden oder diese dienten zumindest als Vorlagen für freie Nachbildungen. Die Gipsabgüsse von toreutischen Werken kommen bis an die Ränder der damaligen bekannten Welt vor und belegen somit die weitreichende Übermittlung von in den Zentren entwickelten Kunstformen und -stilen, ebenso wie die damals bestehenden Handelsbeziehungen. Gipsformen und Gipsabgüsse hatten den großen Vorteil, dass dank ihnen Nachbildungen überall hergestellt werden konnten und nicht nur an dem Ort, an dem sich das jeweilige zu kopierende Kunstwerk befand.
Gipsabguss eines Tellers mit Athena, Modell eines Toreuten
Fundort: Memphis, Ägypten; 334/330 v. Chr.
Gipsabguss eines Medaillons mit Eros und Psyche, Modell eines Toreuten
Fundort: Gegram, Afghanistan; 1.-3. Jh. n. Chr.
Auch im funeralen Bereich kamen Gipsabgüsse zum Einsatz. Halbmasken, die von Toten abgenommen wurden, dienten als Modelle zur Anfertigung von Porträts oder wurden so ergänzt, dass daraus Büstenmasken entstanden. Am häufigsten wird die Totenmaske jedoch in eine Porträtbüste eingearbeitet.
Der vierte Verwendungszweck von Gips – Kunstwerke aus Gips – ist der am Schlechtesten belegte. Dass sich Gips für plastische Werke eignete, war schon seit dem Neolithikum bekannt. Entsprechende Funde stammen aus Ägypten und auch die Griechen und Römer bedienten sich im Kunsthandwerk dieses Materials. Jedoch scheint Gips nur als Dekor in Form von Stuck oder als Ersatz für nicht vorhandenen oder zu kostspieligen Marmor genutzt worden zu sein. Juvenal erwähnt das Material Gips nur, um so die Ambitionen der Mittelklasse zur Schau zu stellen und den Gegensatz zur Aristokratie zu verdeutlichen, die im Besitz der Originale oder Kopien aus wertvollerem Material waren. Gipssammlungen wie sie seit der Neuzeit zusammengetragen wurden, sind in der Antike nur somit aus dem Handwerkskontext bekannt.
Als Resümee der Arbeit kann festgehalten werden, dass Gips in Form von Gipsabgüssen im Herstellungsprozess von römischen Kopien griechischer Originale von größter Bedeutung war. Außerdem erfüllte er auf diese Weise noch eine zweite, indirekte Funktion, nämlich die des Übermittelns von Motiven, Stilen und Kunstformen. Die zahlreiche und weitreichende Verbreitung von griechischer Kunst in römischer Zeit wäre ohne die Verwendung von Gipsabdrücken kaum möglich gewesen. Durch die Erforschung der unterschiedlichen Funktionen der Gipsabgüsse und -abdrücke in der Antike ergeben sich daher auch neue Erkenntnisse über die Kunst jener Zeit.
Daniel Haumer
Die Gipsabgüsse der Terrakotten aus dem Demeterheiligtum von Policoro/Heracleia (Arbeitstitel)
(BA-Arbeit 2020)
In den 1990er und frühen 2000 Jahren führte das Institut für Archäologien laufend Grabungen im Demeterheiligtum von Policoro/Herkleia am Golf von Tarent durch.
Als Votivgaben wurden hier Kopfprotome, Büstenprotome und Schulterbüsten aus Terrkakotta in großer Zahl entdeckt. Diese stellten eine matronale, thronende Göttin aber auch eine jugendliche, stehende Göttin dar. Die Götterkrone, der Polos, wird zwar nicht immer getragen, erscheint aber so häufig, daß man in beiden Figurentypen Bildnisse von Göttinnen sehen darf. Der Gedanke liegt nahe, beide Göttinnen als Demeter und Persephone zu identifizieren. Andere Terrakottavotive zeigen die Herrin des Heiligtums, Demeter, als Büste oder als Büstenrelief. Sie geben die Göttin mit dem Polos, der Götterkrone, mit der Kreuzfackel, mit Opferkorb oder Opferferkel wieder. Als Mysteriengöttin sicherte Demeter den Eingeweihten ein glückliches Leben auf Erden und im Jenseits. Körpervotive, zum Beispiel mit Geschwüren bedeckte und gesunde Finger, bezeugen darüber hinaus die Verehrung der Demeter von Herakleia als Heilgöttin.
Gipsabgüsse der Terracotten aus Policoro (Institut für Archäologien, Universität Innsbruck)
Im Jahr 1996 wurde an der Universität Innsbruck vom damaligen Institut für Klassische Archäologie die Ausstellung „Herakleia in Lukanien und das Quellheiligtum der Demeter“ eröffnet und Funde aus den Grabungen im Demeterheiligtum zusammen mit den neuesten Ergebnissen der Feldforschung gezeigt. Dazu waren eine Reihe von Gipsabgüssen der Terrakottaoriginale hergestellt worden, die im Anschluss in das Archäologische Universitätsmuseum kamen. In der BA-Arbeit sollen die Gipsabgüsse der Terrakotten aus dem Demeterheiligtum von Policoro/Herakleia erstmalig vollständig bearbeitet werden.
Praxisforschung:
Der Erwerb berufsrelevanter Kompetenzen im museologischen Bereich durch die Einbeziehung des Archäologischen Universitätsmuseums in die Lehre (2015 - 2016)
Praxisforschung ist Forschung im Kontext der eigenen Lehrpraxis mit dem Ziel, die Qualität des Handelns in der eigenen Lehre weiterzuentwickeln. Im Rahmen des Zertifikats Lehrkompetenz wurde auch zu museologischen Lehrveranstaltungen die Fallstudie Der Erwerb berufsrelevanter Kompetenzen im museologischen Bereich durch die Einbeziehung des Archäologischen Universitätsmuseums in die Lehre erstellt
1869 begann man an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck eine archäologische Sammlung anzulegen, die primär als Lehr- und Studiensammlung der Ausbildung der Studierenden diente, aber auch bis heute für interessierte Besucherinnen und Besucher zugänglich ist. In den letzten Jahren wurde versucht, die Sammlung wieder verstärkt für die Lehre im Studium der Archäologien zu nutzen. Die vorliegende Fallstudie untersuchte nun zum einen, inwieweit die aktive Nutzung einer universitären Sammlung in der Lehre die Leistungsbereitschaft der teilnehmenden Studierenden erhöht und in weiterer Folge zu qualitativ guten Leistungsbeurteilungen beiträgt. Bereits während des Studiums, wo vielfach Arbeiten, ob gut oder schlecht, im Wesentlichen „nur“ zum Erwerb der Note dienen und dann „schubladisiert“ werden, kann es für die Studierenden einen größeren Reiz darstellen, an der praktischen Umsetzung von konkreten Zielen innerhalb eines Forschungs- und Museumsbetriebes mitzuwirken.
Zum anderen sollte festgestellt werden, ob durch die im Rahmen einzelner Lehrveranstaltungen durchgeführten Tätigkeiten mit und in der Sammlung bereits berufsrelevante Kompetenzen im musealen Bereiche erworben bzw. bereits vorhandene gesteigert werden konnten. Museen stellen eine wichtige Arbeitsperspektive für Absolventinnen und Absolventen geisteswissenschaftlicher Studienrichtungen dar.
Schlussendlich sollte hiermit generell der Frage der Sinnhaftigkeit universitärer Lehr- und Forschungssammlungen nachgegangen werden. Handelt es sich hierbei um ein mittlerweile überholtes Relikt vergangener Zeiten oder um ein weiterhin nutzbares wertvolles didaktisches Mittel in der Lehre?
In insgesamt drei über einen längeren Zeitraum abgehaltenen, unterschiedlichen Lehrveranstaltungen auf Master-Level, die die Erstellung eines Inventars der Museumsexponate, die Gestaltung einer Ausstellung und eines diese begleitenden Kataloges sowie die Konzeption und Umsetzung von musealen Führungen und Vermittlungsprogrammen zum Ziel hatten, wurden die Fragestellungen und Arbeitshypothesen untersucht. Standardisierte Fragebögen sowie kurze Gespräche dienten zur Datenerhebung der Studierendenperspektive. Die Ergebnisse bestätigten die aufgestellten Hypothesen und somit den Nutzen der Einbeziehung des Archäologischen Universitätsmuseums in die Lehre.
Publikation:
Müller Florian M., Der Erwerb berufsrelevanter Kompetenzen im museologischen Bereich durch die Einbeziehung des Archäologischen Universitätsmuseums in die Lehre, Praxisarbeit/Fallstudie im Rahmen des Zertifikats „Lehrkompetenz“, Universität Innsbruck Schaufenster Lehre (2016), 24 S