- Leseraum
| Spiritualität als SchulkulturAutor: | Scharer Matthias |
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Veröffentlichung: | |
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Kategorie | artikel |
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Abstrakt: | Der Religionsunterricht wirkt - über den reinen Fachunterricht hinaus - auf die Schule. Er trägt - insbesondere durch seine spirituelle Komponente - zu einer menschlichen Schulkultur wesentlich bei. Der Lehrplan 2000 weist ausdrücklich auf das 'Lassen' im Religionsunterricht und in der Schule hin. |
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Publiziert in: | # Scharer M., Spiritualität als Schulkultur, in: Theologisch
Praktische Quartalschrift 148 (2000) 169-175. |
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Datum: | 2002-06-07 |
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Inhalt1
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An den Zusammenhang von Spiritualität und Schule kann man sich unterschiedlich annähern. In herkömmlicher Weise bezieht sich die Frage auf den Religionsunterricht und die Schulpastoral: Auf ihre Möglichkeiten und Grenzen, Spiritualität in die Schule zu bringen. Man kann aber auch nach der Spiritualität der Schule fragen in die der Religionsunterricht inspirierend eingebunden ist. In einer Gesellschaft mit vielfältigen spirituellen Sehnsüchten, die sich nicht zuletzt in einer erlebniszentrierten Mischung unterschiedlichster spiritueller Praktiken ausdrückt, in die Kinder und Jugendliche massiv verwoben sind, betrifft die Frage nach Spiritualität und Schule das gesamte Schulgeschehen, also die „Kultur" einer Schule. Gleichzeitig darf vom Religionsunterricht und von der kirchlichen Schulpastoral mit Recht erwartet werden, dass sie einen Beitrag dazu leisten, wie aus jüdisch-christlicher und kirchlicher Perspektive eine spirituelle Schulkultur ermöglicht werden kann.
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Schultheoretiker der alten Schule(1) wie Hartmut von Hentig oder R. Winkel versuchen über allen Wechsel der Geschichte hinweg, die Schule als Feld existentiell bedeutsamen Lernens (2) zu retten, in der Feiern und Spiel ebenso zu ihrem Recht kommen, wie Denken und Arbeiten. (3) Sie fordern die Balance von Aktivität und Stille auch für die moderne Schule ein und greifen dabei nicht zuletzt auf das antike Verständnis von Schule zurück; dieses ist einerseits mit Verlangsamung, Muße, persönliches Meister-Schülerverhältnis, andererseits aber auch mit Exklusivität und Ausschluss der Massen verbunden.
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Die Massenschule unserer Gesellschaft löst gegenteilige Bilder aus: Die Didaktiker W. Jank/H. Meyer vergleichen die an unseren Schulen vorherrschende curriculare Didaktik mit einer „industriellen Massenproduktion" von Bildungsgütern: „Auf stromlinienförmig zubereiteten Lern-Fließbändern wird den Schülern die - vermeintlich durch die Zerstückelung leichter zu verdauende - Häppchenkost verabreicht". (4) Nach Ansicht der Autoren habe die Massenproduktion von Bildungsgütern den „musealen Inszenierungstyp" abgelöst, bei dem „museale Welten des Wissens und Könnens, der wissenschaftlichen, technischen und ästhetischen Kultur ... den neugierig zuschauenden oder schon lange ermüdeten Schülern vor Augen geführt" wurden.(5) Ich füge diesen Bildern von der (post-)modernen Schule das des konsumfördernden Massenverkaufes an, bei dem alles am Erlebniswert (6) gemessen und Gleichgültigkeit dem nicht schnell Verwertbaren gegenüber gefördert wird.
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Schulen sind ein Teil der Gesellschaft und spiegeln deshalb wider, was in ihr gilt. Unsere nördlich-westlichen Gesellschaften sind u.a. von Markt und Medien, Konsum und Erlebnis geprägt. Obwohl nach Ansicht der Systemtheoretiker die Gesellschaft in immer mehr Teilbereiche zerfällt, setzen sich gleichzeitig neue systemübergreifende Strategien mit einer impliziten „weltanschaulichen Ladung" durch. Eine wesentliche ist die Logik des Marktes und der Medien, wie sie sich u.a. in der Funktion des Supermarktes widerspiegelt: ein (Über)Angebot an Waren wird durch medial attraktiv zugerüstete Verkaufsstände und geschickte Werbemethoden den KäuferInnen so präsentiert, dass sie möglichst bereitwillig und viel einkaufen, ohne klare Entscheidungen für das wirklich Notwendige und Gewollte treffen zu müssen. Shopping wird zum sinnstiftenden Erlebnis hochstilisiert und bricht damit in die ureigensten Domänen der Religion ein.
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Das Funktionieren des Supermarktes überträgt sich auf weite Strecken auch auf die (post-)moderne Schule mit all den lebensmindernden Folgen, die eine solche „Vermittlung" nach sich zieht: Obwohl die ganze Aufmerksamkeit auf das Design gerichtet ist, stumpft sie ab und macht gleichgültig; die „VermittlerInnen" stehen unter großem Streß, die Überfülle an Produkten herbeizuschaffen, sie verkaufsgerecht zu „verpacken" und werbewirksam an die Frau und an den Mann bringen, um den Erfolg „abkassieren" zu können. Der Stress überträgt sich bisweilen auch auf die KonsumentInnen, sodass die Lust am unverbindlichen „Shopping" durch ein undefinierbares Gefühl von Ausgebranntsein und Leere gestört wird. Das mit aller Anstrengung gesuchte Erlebnis, das die Werbung verspricht, kann enttäuscht werden: wenn der Geldvorrat infolge von Verschwendung oder unverschuldeter Arbeitslosigkeit frühzeitig zu Ende geht oder wenn sich das Gefühl von Leere und Sinnlosigkeit inmitten einer Überfülle an Waren auszubreiten beginnt.
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Gegenüber einer musealen, einer auf Massenproduktion ausgerichteten oder einer markt- und erlebnisorientierten Bildung behaupte ich - im Sinne des Bildungsverständnisses von W. Klafki u.a. -, dass nur dort von Bildung gesprochen werden kann, wo „Inter-esse" im Spiel ist, wo „etwas dazwischen" ist: eine lebendige, durchaus konfrontative Beziehung zwischen Sache und Person, zwischen den Lernenden untereinander und zwischen den Lernenden und
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Lehrenden, die in wechselseitiger Herausforderung miteinander und aneinander lernen. Ein solches Interesse kann nie nur von aussen im Sinne einer extrinsischen Motivation geweckt werden. Es liegt primär in den Gegenständen, die es zu lernen gilt und deren Bedeutung sich in einem Lernprozess erschließen kann oder auch nicht.
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Interesse kennzeichnet auch die Konstitution des Menschen, der nicht als Fertiger geboren wird, sondern sich Schritt für Schritt in die Welt hineinfragt. Sein Interesse kann gefördert oder auch gelähmt werden. Die Qualität und Kultur von Schule und Unterricht misst sich m.A. nicht in erster Linie am Design, an der Überfülle an Medien und Methoden, die SchülerInnen „abholen", motivieren oder verführen; sie ist daran erkennbar, wieviel und welchen Raum sie für Begegnungen eröffnet; (7) gemeint sind Begegnungen, welche die Auseinandersetzung mit den Bildungsgegenständen und den in ihnen - nicht selten durch Abstraktion verschlossenen - vergangenen und gegenwärtigen Erfahrungen von Mensch und Gesellschaft, wie auch den im Bildungsgeschehen beteiligten SchülerInnen und LehrerInnen stimulieren. Ein Raum gebender Unterricht achtet - nicht nur als Religionsunterricht - die implizite theologisch-spirituelle Dimension (8) , dass das Interesse der SchülerInnen nicht beliebig produzierbar ist, sondern bei allen notwendigen Überlegungen der Unterrichtsplanung die Bedingungen für die Möglichkeit solcher Begegnung zu optimieren, ein „geschenkter" Rest bleibt, in dem sich gerade das Wesentliche von Bildung als Erschliessung der Sinndimension der Lerngegenstände in Freiheit und Verantwortung, aber auch als „geschenktes Wir"(9)
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der Lerngruppe zeigt. Erst wer sich vom didaktischen Machbarkeitswahn freizuspielen vermag, in dem er/sie loslässt und dem nicht Produzierbaren Raum gibt, wird für die geschenkte Dimension, die jedem Bildungsgeschehen eigen ist, sensibel.
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In vielen Fortbildungskursen - nicht zuletzt mit Mathematik- und PhysiklehrerInnen - bin ich auf jene „spirituelle" Dimension gestossen, welche sich sowohl in der Ehrfurcht vor der Eigenständigkeit der SchülerInnen in ihren Aneignungshindernissen und -möglichkeiten, als auch in der biographisch-existentiellen Zugänglichkeit und Nichtzugänglichkeit der Lerngegenstände in ihrer Tiefendimension zeigt. Es versteht sich von selbst, dass der Religionsunterricht, der die implizite und explizite Gott-Menschbeziehung in den vielfältigen Erfahrungen, Bildern und Ausdrucksweisen zum Gegenstand hat, diese spirituelle Option der Schule exemplarisch zum Ausdruck bringen muss.
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Jeder vernünftige Mensch weiss aus eigener Erfahrung, dass Begegnungen um so oberflächlicher und nichtssagender werden, je weniger Zeit dafür zur Verfügung steht. Dabei spielt oft nicht die messbare, die chronologische Zeit die entscheidende Rolle: Ganz kurze, unmittelbare Begegnungen können von grosser Tiefe sein. Die Kultur der Aufmerksamkeit auf die biblische Zeitdimension, auf den Kairos, den „richtigen" Augenblick für etwas bestimmtes, kann ein neues Zeitverhältnis in die säkulare Schule bringen; eine produktive Unterbrechung der Schnelllebigkeit und Hektik des Schulalltages, wo im Konsumrausch des wahllosen Zugriffes zu allem und jedem, auch das Kostbarste dem schnellen Verbrauch anheimzufallen droht.
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Der Religionsunterricht könnte als exemplarische Unterbrechung des schulischen Zeitverhälnisses Gestalt gewinnen. Schließlich wissen ChristInnen um die Mahnung Jesu an seine ZeitgenossInnen, welche über alles mögliche Bescheid wissen, sogar über die Wetterprognose (Lk 12,54-56), den von Gott geschenkten Kairos nicht zu verschlafen. In der Sprache des Neuen Testament heisst das dann, nicht „töricht" zu sein und in der Rolle der Jungfrauen, die auf den Bräutigam warten, dafür zu sorgen, dass genug Öl in den Lampen ist, wenn er kommt (vgl. Mt 25,1-13). Jesus macht die Dringlichkeit der Entscheidung angesichts des anbrechenden Gottesreiches in aller Schärfe bewußt: Wehe dem, der den Kairos verschläft, der seine Rolle im richtigen Augenblick nicht findet und spielt. Das Begreifen des Kairos hat Umkehr zur Folge. Wer nicht umkehrt, hat nichts begriffen.
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Die Aufmerksamkeit auf den Kairos könnte inmitten des hektischen Schulbetriebes die Frage nach dem Wesentlichen und Sinnstiftenden des Bildungsgeschehens, aber auch nach den elementaren existentiellen Sorgen und Nöten der Lernenden und Lehrenden und ihrem Miteinander wachhalten.
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Die Qualität von Kommunikation und Zeit erfahren Menschen, speziell Kinder und Jugendliche heute nicht mehr nur in der unmittelbaren Begegnung, sondern auch in und durch neue Medien. SchülerInnen und LehrerInnen sind von ihnen fasziniert und werden mit ihrem ganzen Wesen gefangengenommen. Es kommt die Sehnsucht auf, die Unterhaltung möge von unendlicher Dauer sein, sie möge nie mehr enden und die Banalität des alltäglichen Lebens auf keinen Fall zum Vorschein kommen lassen. Mediensüchtige Menschen können - ähnlich wie andere Suchtkranke - über weite Strecken ihre Probleme zudecken und damit den Abhängigkeitskreislauf in Gang halten. Die Schule steht vor der Herausforderung, inwieweit sie eine solche Abhängigkeit fördert.
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Die virtuelle Wirklichkeit ist eine Wirklichkeit aus zweiter Hand - eine von Produzenten und geschäftstüchtigen Menschen gemachte Wirklichkeit, die letztendlich nicht in die Wandlung der eigenen Rollen im Alltag(10) , auf die jedes existentiell bedeutsame Bildungsgeschehen ausgerichtet bleiben muss, sondern nur in die schnelle Vertröstung führt. Die unmittelbare, den Menschen herausfordernde und in immer wieder neuer und überraschender Weise mögliche Begegnung von Mensch zu Mensch in Schulklassen, die gleichzeitig die bleibende Fremdheit untereinander, wie auch in und mit sich selbst spürbar werden läßt, wird ersetzt durch die Illusion unendlicher Konsumier- und Kommunizierbarkeit. Diese aber führt gerade in die Isolation des einsamen Käufers, Säufers oder „Surfers", der mit einer Überfülle an Waren oder an Informationen letztlich doch allein bleibt. Allverfügbarkeit über alles, was die Welt zur Verfügung hat und Allgegenwärtigkeit durch eine grenzenlose Kommunikation - Eigenschaften, die früher nur Gott zugeschrieben wurden - werden vorgetäuscht und scheinen den Menschen über den Markt und über die Medien erreichbar zu sein. Die spirituelle Qualität einer Schulkultur zeigt sich nicht zuletzt in der Befreiung aus solchen Abhängigkeiten und in der Gegensteuerung zu einer umfassenden virtuellen Vereinnahmung des Bildungsgeschehens, das die notwendige Balance von virtueller und unmittelbarer (face to face) Kommunikation aus den Augen verliert. (11)
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Mit einer Option gegen die illusionsprojezierende Abhängigkeit, die nach S. Freud ein entscheidender religionskritischer Einwand gegen das Christentum ist, wird nicht für eine simple Verteufelung virtueller Kommunikation im Bildungsgeschehen votiert. Es wäre dringend notwendig, gerade für den Religionsunterricht Modelle zu schaffen, wie intensive face to face Kommunikation, virtuell ergänzt aber nicht ersetzt werden kann.
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Ein wesentliches Kennzeichen medien- und konsumgesteuerter Bildung ist die Grenzenlosigkeit in den Angeboten. Ob in der Schule oder im Supermarkt, alles und jedes steht zur Verfügung, ob es gebraucht wird oder nicht. Über den Einsatz von Werbung - in der Schule spricht man von Methoden und Medien - werden die KonsumentInnen zur Aneignung verlockt, ohne dabei selbständige Entscheidungen treffen zu müssen. Ja die Strategie ist geradezu daraufhin angelegt, dass KonsumentInnen wie SchülerInnen keine selbständigen Urteile treffen, sondern sich von aussen motivieren lassen. (12) Die emanzipative Kraft der Aufklärungserzählung, welche die Mündigkeit und Selbstbestimmung des Menschen im Auge hatte, droht im Kontext des (post)modernen Bildungsgeschehens zur Beliebigkeit und Unentschiedenheit des Bildungskonsums zu verkommen.
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Auch hier könnte der Religionsunterricht modellhaft das Schulgeschehen beeinflussen, wenn er konsequent auf die Freiheit und Selbstbestimmung der SchülerInnen hinarbeitet, die jedem Glaubensakt implizit eingeschrieben sind. Zumindest im Religionsunterricht müsste spürbar werden, dass SchülerInnen nicht nur als „AdressatInnen" gesehen werden, deren Erfahrungen zur Erschliessung der Inhalte nützlich sind. In einer theologisch-spirituellen Wahrnehmung werden SchülerInnen, im Wissen um ihre unterschiedliche Religiosität und Gläubigkeit, die sich immer seltener ausdrücklich kirchengebunden zeigt, als geistbeschenkte und -begabte Menschen in ihrem menschlich-religiösen Ausdruck mit allen Brüchen und Ungereimtheiten wahr- und ernst genommen. So stehen die jungen Menschen mit ihren Lebens- und Welterfahrungen nicht aus didaktischen Gründen, damit die Botschaft des Glaubens besser hinüberzubringen ist, im Mittelpunkt des Religionsunterrichtes, sondern aus spirituell-theologischen Gründen: im Vertrauen darauf, dass Gott nicht erst durch die verschiedenen inhaltlichen und didaktischen Bemühungen in die Schule gebracht werden muss. ER ist in den geistbegabten Subjekten des Religionsunterrichtes - so anstrengend oder störend sie auch sein mögen - immer schon da; ihr Handeln in (bedingter) Freiheit und Verantwortung ist Gabe und Aufgabe zugleich.
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Was für die SchülerInnen gilt, gilt selbstverständlich auch für die ReligionslehrerInnen; wenn sie sich im Sinne der obigen Optionen in der Schule positionieren, dann nicht in der Allein-ErlöserInnenrolle gegen den bösen Rest der Schule. Im Sinne einer theologisch-spirituellen Schulkultur kommt die Gabe immer vor der Aufgabe; und ihre „Gabe" kann darin bestehen, Protagonisten einer neuen Schulkultur, nicht ohne oder gegen die anderen, sondern mit ihnen zu sein.
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„Die schönste Rückmeldung, die ich je als Religionslehrer von einem jungen Erwachsenen bekommen habe, war, dass im Religionsunterricht zwar selten direkt von Gott gesprochen wurde und dass es doch immer irgendwie um Gott gegangen ist,", schreibt F.N. Müller in seinem „Plädoyer für einen mystagogischen Religionsunterricht". (13)
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Die christliche Spiritualität ist insofern eine weltliche, auch der säkularen Schule als Kultur angebotene Spiritualität als sie nicht auf einen frommen Sonderbereich ausgerichtet ist, sondern Gott in allen Dingen zu suchen und zu finden trachtet. (14) Was immer in der Schule geschieht, vor allem auch was in Schulklassen läuft und zwar das reale und nicht das erwünschte Geschehen, mit allen Konflikten und Gewaltakten, ist nach christlicher Auffassung ein theologisch-spirituell bedeutsamer Ort. Es ist nicht nur eine methodische Frage, wie die SchülerInnen miteinander umgehen und wie LehrerInnen und SchülerInnen miteinander kommunizieren. Speziell der Religionsunterricht macht deutlich wie unentflechtbar der inhaltliche und der strukturell-systemische Aspekt des Unterrichtes im Hinblick auf die Wahrheit des Glaubens zusammen gehören: „In einem so gestalteten Prozess wird die christliche Botschaft nicht nur inhaltlich zum Ausdruck gebracht, sondern vollzieht sich im Geschehen selbst", haben wir im österreichischen Lehrplanentwurf 99 formuliert. Welche strukturellen und systemischen Gegebenheiten also eine Schule und eine Schulklasse bestimmen und wie sie verändert werden, ist in hohem Maße theologisch-spirituell relevant.
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Die Gefahr der Schule und des Religionsunterrichtes besteht darin, die Grenze des Nichtmachbaren durch immer neue Aktivitäten zu überspringen versuchen. Demgegenüber spricht der Lehrplanentwurf 99 von einem neuen Handeln, das die Kultur der Schule in Zukunft prägen sollte, „das sich in Tun (actio) und Innehalten (contemplatio) ausdrückt". Erstmals wird in einem Lehrplan dem Innehalten, Unterbrechen gängiger Wahrnehmungsmuster, der Stille und den situativen Bedingungen angemessenen Formen des Schweigens und des Gebetes, also der „contemplatio" das Wort geredet.
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Wie dieses Innehalten im Religionsunterricht und auf die ganze Schule bezogen möglich wird, dazu gibt es die unterschiedlichsten Wege, die immer auf die konkrete Situation und die betroffenen Menschen hin abgestimmt werden müssen: Praktische Übungen, angefangen von einfachen Stilleübungen in der Volksschule (15) bis hin zu längeren Meditationsübungen in der Oberstufe, können SchülerInnen die spirituelle Dimension auch ausdrücklich erschliessen.
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Anmerkungen:
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1. u.a. Hartmut von Hentig, Die Schule neu denken, München u.a.O. 1993. Rainer Winkel, Theorie und Praxis der Schule. Oder: Schulreform konkret - im haus des Lebens und Lernens, Hohengehren 1997.
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2. Begriff vergleiche Matthias Scharer, Thema - Symbol - Gestalt, Graz 1985, 210-212.
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3. Winkel nennt fünf „Aufgaben bzw. Funktionen" einer humanen Schule, die in einer Balance von „Aktivität und Stille" gleichgewichtig berücksichtigt werden sollten: Begegnungen (erkunden und erfahren), Feiern (gestalten und darstellen), Arbeiten (denken und arbeiten), Spiele (sich freuen und erholen), Gespräche (regeln und festlegen), R. Winkel, Theorie und Praxis der Schule, a.a.O. 116.
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4. Jank/Hilbert Meyer, Didaktische Modelle, Frankfurt a.M. 1991, 83.
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5. Jank/H. Meyer, Didaktische Modelle, a.a.O. 83.
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6. Gerhard Schulze, Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart, Frankfurt a.M. 1993.
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7. Scharer, Begegnungen Raum geben. Kommunikatives Lernen in Gemeinde, Schule und Erwachsenenbildung, Mainz 1995.
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8. die Unterscheidung von impliziter und expliziter Theologie in: Jochen Hilberath/Matthias Scharer, Firmung: Wider den feierlichen Kirchenaustritt. Theologisch-praktische Orientierungshilfen, Mainz u.a.O. 1998.
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9. Scharer, Matthias, Das geschenkte Wir. Kommunikatives Lernen in der christlichen Gemeinde, in: Weber, Franz (Hg.), Frischer Wind aus dem Süden: Impulse aus den Basisgemeinden, Innsbruck-Wien 1998, 84 - 100.
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10. Matthias Scharer/ Józef, Niewiadomski, Faszinierendes Geheimnis. Eucharistische Spuren im Alltag von Familie, Gemeinde und Schule, Innsbruck 1999.
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11. Matthias Scharer, Kommunikation managen - Communio praktizieren. Leiten und kommunizieren in Schule und Gemeinde als theologische Herausforderung, in: RPB 39 (1997), 43-63 und in: CPB 110 (1997), 130-140.
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12. Scharer, Weniger ist mehr. Ermutigung zum entscheidungsfreudigen Unterrichten, in: Tiroler Schule 106 (4/1996), 12-15.
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13. Nikolaus Müller, Spiritualität im Religionsunterricht. Ein Plädoyer für einen mystagogischen Religionsunterricht, hektogr. Manuskript, Salzburg 1999.
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14. Ignatius von Loyola: Briefe und Unterweisungen, übersetzt von Peter Knauer, (=Ignatius von Loyola, Deutsche Werkausgabe, Band I), Würzburg 1993.
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15. Unterrichtswerk von Hubertus Halbfas bietet dafür eine reiche Auswahl.
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