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Wandinger Nikolaus: Er wird ihnen unverzüglich zu ihrem Recht verhelfen
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Er wird ihnen unverzüglich zu ihrem Recht verhelfen
(Predigt zum 29. Sonntag im Jahreskreis, LJ C)

Autor:Wandinger Nikolaus
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:Jesus betont: Anders als der ungerechte Richter verschafft Gott seinen Auserwählten unverzüglich Recht. Wir aber haben oft das Gefühl, dass unsere Gebete unerhört bleiben. Ist also Gott doch wie der ungerechte Richter, oder gehören wir nicht zu den Auserwählten? Wenn wir auf Jesus schauen, sehen wir, dass es anders ist.
Publiziert in:# Predigt zum 29. Sonntag im Jahreskreis, LJ C. Lesungen: Ex 17,8-13; (2 Tim 3,14-4,2) Lk 18,1-8.
Datum:2001-10-22

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Liebe Gläubige,

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die Situation, die uns das heutige Gleichnis beschreibt, kennen wir wohl selbst sehr gut, wenn auch nicht mit Richtern und Witwen. Heutzutage haben wir es eher mit einem arroganten Beamten, einem unfairen Vermieter, einem gewieften Versicherungsvertreter, den Fallen von Werbung und Kundennepperei zu tun. Da müsste etwas auf Garantie gehen, aber der Hersteller weigert sich, da sollte eine zugesicherte Rückzahlung gewährt werden, aber das Geld kommt nie an. Man telefoniert, schreibt, läuft - wie man so schön sagt - von Pontius zu Pilatus, aber es tut sich nichts. Die Gegenseite scheint damit zu rechnen, dass einem irgendwann der Atem ausgeht, man die Energie verliert, man die Sache nicht mehr für so wichtig nimmt, und dann haben die anderen den Gewinn. Bei vielen Hunderten und Tausenden von Kunden bedeutet das eine ganz schöne Einnahme. Nur die ganz Hartnäckigen und Langatmigen kommen durch mit ihren Forderungen und bekommen ihr Recht. Diese Erfahrung ist uns also bestens vertraut.

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Was mich stutzig macht, ist, dass Jesus diese ungute Mechanik auf unsere Gottesbeziehung und unser Gebetsleben anwendet und den ungerechten Richter mit Gott vergleicht. So, wie wir in den irdischen Dingen ausdauernd und hartnäckig sein müssen, damit wir zu unserem Recht kommen, so sollen wir es auch Gott gegenüber sein. Der Evangelist Lukas versteht dieses Gleichnis als Aufforderung, dass wir immer beten und darin nicht nachlassen sollen.

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Wozu aber braucht es diese Ausdauer und diese Hartnäckigkeit, wenn doch Gott seinen Auserwählten „unverzüglich" Recht verschafft? Da passt doch etwas nicht zusammen: Entweder muss ich hartnäckig, ja geradezu lästig sein wie in der freien Wirtschaft, oder aber Gott ist eben anders als die Geschäftemacher dieser Welt und reagiert unverzüglich. Was gilt denn nun?

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Der Grund dafür, dass Jesus Gott mit dem ungerechten Richter vergleicht, sind wir. Wenn wir nämlich ehrlich sind, müssen wir wohl zugeben, dass wir Gott oft empfinden wie den ungerechten Richter: Immer wieder beten wir für Dinge, hartnäckig, oft jahrelang: für Gesundheit, die eigene oder die von lieben Menschen, für Frieden in der Welt, für gerechtigkeit, für Erfolg in unserem Leben; und immer wieder haben wir das Gefühl: Gott hört uns nicht - oder zumindest er erhört uns nicht. Es kann sein, dass wir dann enttäuscht sind von Gott, dass wir ärgerlich sind auf ihn. Wenn wir gut katholisch erzogen sind, werden wir uns das selber zwar nicht eingestehen, aber es kann sich leicht eine Haltung des Ärgers und des Beleidigt-Seins gegen Gott einstellen: „Dann bete ich eben heute nicht noch mal!" „Dann gehe eben nicht mehr so oft in die Kirche!" Der ungerechte Richter fürchtet sich auf einmal vor der armen Witwe: „Schließlich kommt sie noch und schlägt mich ins Gesicht". Wer von uns würde das zugeben, dass er Gott vor Enttäuschung und Ärger wegen all der unerhörten Gebet gerne ins Gesicht schlagen würde? Aber gibt es nicht tief in unserem Herzen oft einen solchen Ärger und eine Bitterkeit auf Gott?

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Menschen, die so enttäuscht sind von ihrem Gott und so verärgert über ihn, denen sagt Jesus: Nein, er ist nicht so, er verschafft seinen Auserwählten unverzüglich Recht.

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Warum merken wir das dann aber nicht? Gehören wir vielleicht nicht zu den Auserwählten? Das glaube ich nicht. Denn Jesus von Nazareth, der Mann, der hier davon spricht, dass Gott seinen Auserwählten unverzüglich Recht schafft, der musste zuerst ans Kreuz geschlagen und getötet werden und dann drei Tage im Grab liegen, bevor Gott ihm sichtbar Recht verschaffte. Hat er sich also geirrt mit dem „unverzüglich"?

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Der Schlüssel dafür liegt wohl im letzten Satz des heutigen Evangeliums: „Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde Glauben vorfinden?" Dieser Jesus hatte einen Glauben, der in fähig machte, auf eine ganz eigene Weise zu beten. Er konnte darum bitten vom Leiden verschont zu werden, und gleichzeitig diese Bitte relativieren: „Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen." (Lk 22,42) Wir könnten diese Relativierung uns übersetzen als: „Ich habe nicht so wie du den Überblick, ich weiß nicht so genau, was für mich und die Welt am besten ist, deshalb stelle ich meine Bitte unter deinen Willen, weil du diesen Überblick hast und weil du für alle, für mich und die Welt das Beste willst und tust."

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Hinter der Bitte Jesu und der gleichzeitigen Relativierung steht ein Glaube, ein Vertrauen, dass Gott gerade nicht ein ungerechter Richter ist, sondern dass er alles zum Besten wenden kann und wird, auch wenn ich nicht sehe, wie das Schlimme, das jetzt passiert, Sinn haben und Gottes Willen entsprechen kann. Für Jesus hieß „dein Wille geschehe" nicht: „wenn du willst, dass ich leide und sterbe, dann tue ich das", sondern „wenn du weißt, dass mein Leiden und Streben für die Welt besser sein wird als wenn du mich dem entziehst, dann bin ich bereit dazu".

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Jesus wollte, dass nicht nur er selber, sondern auch seine Verfolger mit zu den Auserwählten gehörten. Dafür blieb er bis zum Ende als Gewaltloser und Schwacher bei ihnen und ließ sich lieber ins Gesicht schlagen als mit Gewalt zu reagieren. Und aus dem selben Grund hat ihn auch Gott nicht mit Gewalt ihrer Hand entrissen, sondern ihn diese Gewalt erleiden lassen, um ihnen dann durch den Auferstandenen erneut Versöhnung anzubieten. Der Glaube, dass Gott den größeren Überblick hat und er kein ungerechter Richter, sondern ein für alle gnädiger und barmherziger Gott ist, hat es Jesus ermöglicht so zu beten und zu sterben und trotzdem zu sagen: soweit es an Gott liegt, wird er mir „unverzüglich" Recht verschaffen.

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Weil uns dieser Glaube so oft fehlt, darum empfinden wir Gott oft als den ungerechten Richter, auf den wir sogar ärgerlich werden, oder zweifeln daran, dass wir zu den Auserwählten gehören. Wir hätten es gerne so, wie es das Buch Ex zwischen den Israeliten auf ihrem Weg zum Sinai und Amalek erzählt: Gott soll eindeutig auf unserer Seite sein und unsere Probleme für uns lösen. Gott ist auch eindeutig auf unserer Seite, aber er ist - weil er alle Menschen liebt - auch auf der Seite derer, die uns die Probleme machen. Darum ist die Lösung Jesu eine andere als die des Mose: Während Moses nach dem Motto Arme hoch und draufschlagen verfährt, geht Jesus den schweren Weg und breitet seine Arme am Kreuz aus, um alle, auch die Bösen, an sich zu ziehen, weil gerade sie zu den verlorenen Schafen gehören; zu denen, die auserwählt sind, aber selber alles tun um sich das zu verscherzen. Uns ist dieser Weg Jesu eigentlich zu unbequem und er dauert uns zu lange, er ist für unser Empfinden nicht „unverzüglich" genug.

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Wenn jedoch der Menschensohn kommt, wird er dann bei uns den Glauben vorfinden, dass Gott auch dann auf unserer Seite ist, wenn wir es gerade nicht empfinden, weil andere uns bedrohen und verletzen oder schwere Schicksalsschläge uns treffen und Gott auch diese nicht mit Gewalt und Machttaten überwältigen und beseitigen wird, so wie er nicht einmal die Gegner seines Sohnes mit Gewalt überwältigte? Können wir akzeptieren, dass er auch unsere Gegner liebt und deshalb auch auf ihrer Seite ist, und sie und uns zur Erlösung führen und ihnen und uns Recht verschaffen wird? Der Evangelist Lukas weist uns aus gutem Grund darauf hin: wir müssen immer beten und darin nicht nachlassen; es sollte aber ein anderes Gebet sein als das um mein Recht gegen das der anderen. Es sollte das Gebet um das Recht und die Erlösung aller sein. Es sollte vor allem die Bitte um diesen Glauben sein, der uns das Vertrauen auf den guten Vater im Angesicht scheinbar siegreicher Gegner und Feinde und auch bei schweren Rückschlägen in unserem Leben ermöglicht.

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