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Lumma Liborius: Das Hochfest Mariä Erwählung im liturgischen Kalender
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Das Hochfest Mariä Erwählung im liturgischen Kalender
(Anmerkungen zu einer heortologisch-rubrizistischen Lex Austriaca)

Autor:Lumma Liborius
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2013-07-22

Inhalt

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1. Das II. Vatikanische Konzil und der Festkalender

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Am 8. Dezember 2013 erwartet die römisch-katholische Kirche in Österreich eine kalendarische Besonderheit, dir nur etwa alle sechs Jahre auftaucht, manchmal aber auch – wie in diesem Fall – erst nach elf Jahren: Das „Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria“ (Mariä Erwählung) am 8. Dezember fällt auf einen Sonntag.

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Wann immer im Kalender Festtage mit anderen Festtagen oder mit Sonntagen zusammenfallen (oder in der Fachsprache der Rubrizistik „okkurieren“), stellt sich in der Liturgie die Frage, welcher der beiden Anlässe nun begangen werden soll, also welche Schriftlesungen, welche Orationen zu verlauten sind usw. Das mag auf den ersten Blick ziemlich unbedeutend sein, doch zeigt sich hier die „Hierarchie der Wahrheiten“ (UR 11), die nicht nur dogmatisch gewichtet, sondern die auch in der lebensprägenden Kultur des Gottesdienstes zur spirituellen Erfahrung aller Gläubigen werden soll.

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Das II. Vatikanum hat hier eine deutliche Sprache gesprochen und die zuvor gegebenen Verhältnisse nicht unerheblich korrigiert: Das Konzil bekennt sich in SC 106 prinzipiell zu einem Primat des Sonntags als dem Ur-Feiertag (dies dominica est primordialis dies festus) und damit zu einem Primat des Paschamysteriums Christi und überhaupt der Christologie im Glauben und Leben der Kirche.1

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2. Mariä Erwählung in Österreich

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Die Umsetzung dieser Vorgabe erfolgte in der „Grundordnung des Kirchenjahres und des neuen römischen Generalkalenders“ von 19702. Alle Feieranlässe der Kirche werden hier in 13 Ränge unterteilt. Bei der Okkurenz von zwei Anlässen wird immer der ranghöhere gefeiert, der rangniedere entfällt. Handelt es sich bei dem rangniederen Anlass aber um ein „Hochfest“, so wird dieses Fest auf einen anderen Tag verlegt. Die Grundordnung ist eindeutig: Mariä Erwählung gehört als Marien-Hochfest zur Rangstufe 3. Gewöhnliche Sonntage gehören zur Rangstufe 6 und würden von diesem Marienfest verdrängt. Sonntage im Advent aber – die auf das zweite christologische Hauptfest Weihnachten vorbereiten – gehören zur Rangstufe 2. Daraus folgt: Am Sonntag, 8. Dezember 2013, wird der 2. Adventsonntag begangen. Das Hochfest Mariä Erwählung wird verlegt, und zwar in diesem Fall auf den folgenden Montag, 9. Dezember 2013.3

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Nicht so in Österreich. Hier gilt eine Entscheidung der Päpstlichen Gottesdienstkongregation aus dem Jahr 1995: Sonntag, 8. Dezember 2013, ist in Österreich Mariä Erwählung. Ich vermute, von österreichischer Seite wurde diese Änderung erwünscht und dabei argumentiert, dass a) dieses Fest eng mit der Geschichte Österreichs verbunden ist (Wiedereinführung als staatlicher Feiertag im Jahre 1955 nach der Abschaffung des jahrhundertealten Festes durch die Nationalsozialisten) und dass es b) anders als in anderen Gegenden über eine gewisse Verwurzelung in der traditionellen Volksfrömmigkeit verfügt. Vielleicht spielt auch eine Rolle, dass c) die Kirche den 8. Dezember als staatlichen Feiertag erhalten wissen möchte und dass die Plausibilität für diese Forderung schwände, würde das Fest alle paar Jahre auf einen anderen Tag verlegt. Man müsste a) und b) allerdings entgegenhalten, dass das II. Vatikanische Konzil einen Primat der kanonischen Liturgie vor der Volksfrömmigkeit festschreibt (SC 13) und es daher eine katechetische Aufgabe sein müsste, dies angemessen zu vermitteln, anstatt eine Praxis zu perpetuieren, die dem Anliegen von SC 108 eher weniger entspricht: „Die Herzen der Gläubigen sollen vor allem auf die Herrenfeste hingelenkt werden [...]. Daher soll das Herrenjahr den ihm zukommenden Platz vor den Heiligenfesten erhalten [...].“4 Gegen c) könnte man darauf hinweisen, dass auch Ostern, Christi Himmelfahrt, Pfingsten und Fronleichnam Jahr für Jahr auf andere Daten fallen und stets klaglos als staatliche Feiertage übernommen werden.

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Man könnte allerdings auch argumentieren, dass der 13-gliedrigen Rangfolge der liturgischen Tage letztlich immer ein Element von Willkür anhaftet und daher abweichende Einzelfallentscheidungen durchaus sinnvoll sein können, etwa aus den vielbeschworenen „pastoralen Gründen“.

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3. Die Normen für den 8. Dezember 2013

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Wirklich merkwürdig ist aber, wie die genaue Vorgabe für Sonntag, 8. Dezember 2013, in Österreich lautet. Im Direktorium für die Diözesen Innsbruck und Feldkirch liest sich das so:

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„Das Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria wird in Österreich heuer am zweiten Adventsonntag gefeiert. In der Messfeier ist die 2. Lesung vom 2. Adventsonntag zu nehmen; außerdem soll der Charakter der Adventzeit in Hinweisen und in der Predigt zum Ausdruck kommen, ebenso in den Fürbitten, die mit dem Tagesgebet des 2. Adventsonntags zu beschließen sind (vgl. Dekret der Gottesdienstkongregation vom 17.02.1995, Prot. N. 284/95/L)“5.

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Im Einzelnen: Die alttestamentliche Lesung ist vom Marienfest (Gen 3,9–5.20). Der Antwortpsalm ist ebenfalls vom Marienfest (Ps 98,1–4). Danach folgt nicht die neutestamentliche Lesung vom Marienfest (Eph 1,3–6.11–12), sondern diejenige vom 2. Advent (Röm 15,4–9). Danach wieder Halleluja-Ruf und Evangelienlesung vom Marienfest (Lk 1,26–38).

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Das Tagesgebet vom 2. Advent wird zweckentfremdet und an anderer Stelle in die Liturgie des Marienfestes eingeschoben, nämlich als Abschluss des Allgemeinen Gebetes. Es lautet: „Allmächtiger und barmherziger Gott, deine Weisheit allein zeigt uns den rechten Weg. Lass nicht zu, dass irdischen Aufgaben und Sorgen uns hindern, deinem Sohn entgegenzugehen. Führe uns durch dein Wort und deine Gnade zur Gemeinschaft mit ihm, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit“ (ob dies ein angemessener Abschluss für das liturgische Fürbittgebet ist, sei dahingestellt).

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Insgesamt wird das Marienfest begangen, aber man soll passend zum Advent predigen und „Hinweise geben“ (was auch immer damit gemeint ist – sollte sich die Bedeutung der Liturgie nicht aus ihr selbst heraus erschließen?).

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Nicht nur verstößt diese „Lex Austriaca“ gegen die Normen des Generalkalenders6, mehr noch: Sie verstößt auch gegen das Prinzip, nicht zwei Feieranlässe miteinander zu vermischen.7 Vor allem aber wird in die Integrität der aufeinander abgestimmten Abfolge der Schriftlesungen vom Marienfest und in die Gesamtkomposition des 2. Advent eingegriffen.

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4. Ein Hinweis

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Mit Datum vom 25. März 2004 veröffentlichte dieselbe Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung die „Instruktion Redemptionis sacramentum über einige Dinge bezüglich der heiligsten Eucharistie, die einzuhalten und zu vermeiden sind“8. Darin heißt es:

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„Bei der Auswahl der biblischen Lesungen, die in der Meßfeier vorzutragen sind, müssen die Normen befolgt werden, die sich in den liturgischen Büchern finden [...].“ (Art. 61)

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„Es ist nicht erlaubt, die vorgeschriebenen biblischen Lesungen aus eigenem Gutdünken wegzulassen oder zu ersetzen [...].“ (Art. 62)

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„Man muß besonders dafür Sorge tragen, daß die Homilie streng auf die Heilsmysterien Bezug nimmt, während des liturgischen Jahres die Geheimnisse des Glaubens und die Grundsätze des christlichen Lebens aus den biblischen Lesungen und den liturgischen Texten darlegt und die Texte des Ordinarium und des Proprium der Messe oder eines anderen Ritus der Kirche erklärt.“ (Art. 67)

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Wenn die kirchliche Autorität die Einhaltung ihrer eigenen Vorschriften verlangt, sollte sie dann nicht selbst mit gutem Beispiel vorangehen?

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Vor dem Hintergrund der Aussagen des Konzils wäre die weltkirchliche Lösung die plausiblere: Der 2. Advent wird begangen, das Marienfest wird verlegt. Wenn man aber schon der Meinung ist, es bedürfe in diesem Punkt unbedingt eines österreichischen Sonderwegs, dann sollte dieser wenigstens konsequent beschritten werden, anstatt eine Ad-hoc-Mischliturgie zu kreieren, die gewichtigen Normen der liturgischen Ordnung widerspricht.

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Anmerkungen

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     1 SC 106: „Aus apostolischer Überlieferung, die ihren Ursprung auf den Auferstehungstag Christi zurückführt, feiert die Kirche Christi das Pascha-Mysterium jeweils am achten Tage, der deshalb mit Recht Tag des Herrn oder Herrentag genannt wird. An diesem Tag müssen die Christgläubigen zusammenkommen, um das Wort Gottes zu hören, an der Eucharistiefeier teilzunehmen und so des Leidens, der Auferstehung und der Herrlichkeit des Herrn Jesus zu gedenken und Gott dankzusagen, der sie "wiedergeboren hat zu lebendiger Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten" (1 Petr 1,3). Deshalb ist der Herrentag der Ur-Feiertag, den man der Frömmigkeit der Gläubigen eindringlich vor Augen stellen soll, auf daß er auch ein Tag der Freude und der Muße werde.“ Vgl. auch bes. SC 102. Die Übersetzung der Konzilstexte übernehme ich aus: Karl Rahner/Herbert Vorgrimler: Kleines Konzilskompendium. Sämtliche Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils. 35. Auflage Freiburg/Basel/Wien 2008.

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     2 Nachzulesen z.B. in: Die Messfeier – Dokumentensammlung. Auswahl für die Praxis. Hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofkonferenz Bonn 2009. S. 117–130. Abrufbar unter http://downloads.directserver.org/1/10/1/67605292676971435211.pdf. (10. Juli 2013)

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     3 Vgl. zum Beispiel Directorium für das Erzbistum Köln 2013. S. 115. Abrufbar unter https://www.erzbistum-koeln.de/export/sites/erzbistum/seelsorge/liturgie/_galerien/download/Directorium_2013.pdf (10. Juli 2013)

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     4 Dagegen allerdings der Schlusssatz von SC 106: „Andere Feiern sollen [dem Sonntag] nicht vorgezogen werden, wenn sie nicht wirklich von höchster Bedeutung sind“. Hier ist begründet, warum letztlich alle Kalenderfragen immer eine Frage des Abwägens innerhalb der dogmatischen Hierarchie der Wahrheiten sind. Das II. Vatikanum plädiert hier nicht nur für den Primat des Sonntags, sondern auch für den Primat der Fülle der Heiligen Schrift (SC 51), so dass niederrangige Feste in der Liturgie eher wenig Raum einnehmen, um zu verhindern, dass immer wieder dieselben Schriftlesungen (etwa passend für „Heilige Bischöfe“) verwendet werden, andere Teile der Bibel aber komplett unter den Tisch fallen.

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     5 Vgl. Direktorium 2013 (ab Advent 2012) für die Diözesen Innsbruck und Feldkirch. Hrsg. vom Bischöflichen Ordinariat der Diözese Innsbruck, S. 216. Abrufbar unter http://dioezesefiles.x4content.com/page-downloads/direktorium_2013.pdf. (10. Juli 2013).

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     6 Man könnte nicht einmal argumentieren, in Österreich handle es sich bei Mariä Erwählung eben um einen regionalen Sonderfall – denn „Eigen-Hochfeste“ einer Pfarre, eines Ordens usw. befinden sich bereits in der Rangfolge eingeordnet, und zwar erst auf Rang 4.

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     7 Eine Ausnahme bilden nur die zahlreichen „Gedenktage“, die auf gewöhnliche Wochentage fallen, hier liegt aber in der Regel keine vollständige Kompilation aufeinander bezogener Schriftlesungen vor. Wenn doch „Eigenlesungen“ für einen Gedenktag existieren, so sind diese verpflichtend; vgl. Pastorale Einführung in das Messlektionar. Art. 83. Abrufbar unter https://www.sbg.ac.at/pth/links-tipps/past_ein/lektionar/home.htm. (10. Juli 2013).

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