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Am Aufbau des Instituts für Zeitgeschichte mitwirken – Universität Innsbruck
Interview mit Klaus Eisterer_Schober/Stark

Am Aufbau des Instituts für Zeitgeschichte mitwirken

Im Gespräch mit ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Klaus Eisterer

Text: Lorenz Schober und Olaf Stark

Seit den frühen 1980er-Jahren, als der Lehrstuhl für Zeitgeschichte ins Leben gerufen wurde, bis in die Gegenwart des Instituts als etablierte und anerkannte Forschungseinrichtung hat dieses einen beeindruckenden Weg zurückgelegt. Zu seinem 40. Jubiläum wurde es Studierenden ermöglicht, sich mit dem Institut zu beschäftigen und auch mit langjährigen, bereits pensionierten Mitarbeitern wie Klaus Eisterer zu sprechen, um Einblick in die Entwicklung und das Geschehen am Institut zu erlangen.

Die Anfänge

Wir trafen Klaus Eisterer, der zur Gründungs- und Aufbaugeneration des Instituts zählt, im Jänner 2024 in seinem früheren Büro am Institut. Eisterer erzählte, wie die Anfänge von Herausforderungen, aber auch von Innovationsgeist geprägt waren. Unter der Leitung von Rolf Steininger wurde das kleine Institut, das mit einer Professur, zwei Assistentenstellen – eine davon erhielt Eisterer – und einer Sekretärin startete, schnell international ausgerichtet. Zu den neuen Forschungsfeldern, die sich auf Österreichs internationale Rolle im 20. Jahrhundert fokussierten, zählten beispielsweise die Österreich- und Besatzungspolitik der Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg oder die Südtirolfrage.

Die Lehre

Die Lehrtätigkeit war und ist ein zentraler Bestandteil universitätsgebundener Zeitgeschichtsforschung. Auch Eisterer, zunächst als Assistent, später als Dozent, steckte viel Energie in die Ausbildung von Studierenden. Die enge Verknüpfung mit der Forschung prägte das Lehre-Profil des Instituts. Das Angebot an Themen wurde dabei nicht allein von den inhaltlichen Interessen Steiningers vorgegeben. Nach der Dissertation erhielten die Assistenten, darunter auch Eisterer, die Möglichkeit, eigene Forschungsschwerpunkte zu setzen und diese insbesondere auch in die Lehre zu integrieren. Dies führte zu einer breiten Palette von Themen, die in den einzelnen Lehrveranstaltungen behandelt wurden. In seinem Fall waren dies Kurse zur spanischen und lateinamerikanischen Geschichte.

Dieses Angebot des Instituts traf sich mit den Interessen der Studierenden und stieß auf eine überaus positive Resonanz, wie Klaus Eisterer betonte. Die damals an der Uni vorhandenen Töpfe zur Lehrefinanzierung ermöglichten ergänzend die Durchführung von Tutorien, die ebenso viel Zulauf verzeichneten.

Aufmerksamkeit finden

Nach der Gründung des Instituts 1984 verfolgte Rolf Steininger, der ein Jahr zuvor nach Innsbruck berufen worden war, die Strategie, über eine verstärkte Präsenz in der Öffentlichkeit das Institut zu etablieren und ihm Anerkennung zu verschaffen. Ein wirklicher Meilenstein war die Ringvorlesung im Wintersemester 1987/88 zum Thema „Tirol und der Anschluss“. Aus den Vorträgen entstand ein Sammelband, den Thomas Albrich, ebenfalls langjähriger Institutsmitarbeiter, Rolf Steininger und Klaus Eisterer am 14. März 1988 zum 50-jährigen „Anschlussgedenken“ in Wien vorstellen konnten. Dieses Werk trug dazu bei, die Forschung des Instituts einem breiteren Publikum bekannt zu machen und gleichzeitig war es eine wegweisende Arbeit zur Aufarbeitung der NS-Zeit in der Region, die damals noch in den Kinderschuhen steckte. Ein weiterer wichtiger Schritt war die Publikation „50 Jahre Option in Südtirol“ im Jahr 1989, herausgegeben von Rolf Steininger und Klaus Eisterer. Damit wurde erneut ein rundes Gedenkjahr aufgegriffen, um ein brisantes regionalgeschichtliches Thema in Erinnerung zu rufen. Gleichzeitig, betonte Eisterer in unserem Gespräch, wurde erneut unter Beweis gestellt, wie wichtig ein Institut für Zeitgeschichte und dessen kritischer Zugang zu verdrängten und belasteten Kapiteln der jüngeren Vergangenheit war. Nach einem Jahrzehnt des Bestehens des Instituts wurde eine umfassende Bilanz veröffentlicht, die an politische Entscheidungsträger:innen, die Presse und andere Interessengruppen verteilt wurde. Diese Initiative markierte den Beginn regelmäßig erstellter Newsletter, die die Aktivitäten des Instituts dokumentierten und Fachwelt sowie generell (fachlich) interessierte Personen gleichermaßen informierten.

In den ersten zehn Jahren arbeiteten Rolf Steininger und seine Assistenten Klaus Eisterer und Thomas Albrich sehr eng zusammen. Dann kamen weitere Forscher:innen, darunter Michael Gehler und Ingrid Böhler, hinzu. Die internationale Präsenz des Instituts wurde durch die Teilnahme an Konferenzen und Vorträgen in verschiedenen Ländern Europas sowie den USA gestärkt. Es entstanden Überlegungen zur Vernetzung der Zeitgeschichte in ganz Österreich, die schließlich 1993 zur Gründung des seither alle zwei Jahre abgehaltenen „Österreichischen Zeitgeschichtetags“ führten. Rolf Steininger war hierbei ein maßgeblicher Initiator und das Innsbrucker Institut übernahm es, gleich auch den ersten „Zeitgeschichtetag“ zu organisieren, der sich zur zentralen Fachtagung und Kommunikationsplattform der Disziplin entwickeln sollte.

Die Dekanatszeit

Klaus Eisterer engagierte sich nicht nur für den Aufbau des Instituts, sondern ebenso in der sogenannten akademischen Selbstverwaltung. Neben seiner Tätigkeit als Assistent und Dozent am Institut war er Mitglied in verschiedenen entscheidungsbefugten Kommissionen und dann vor allem in einer zentralen Position in der Fakultätsversammlung – dem ‚Parlament‘ der damals großen Geisteswissenschaftlichen Fakultät. Natürlich bestand dabei hin und wieder Konfliktpotential, doch Eisterer erinnerte sich hauptsächlich an die Kooperationen und den respektvollen Umgang miteinander während der Sitzungen.

Schließlich wurde Eisterer 2008 zum Dekan der Philosophisch-Historischen Fakultät ernannt. Hier sah er sich in mehreren Rollen: als Mediator, Administrator und „Facilitator“ – also als jemand, der Dinge möglich macht. Als Mediator war ihm wichtig, ein Arbeitsklima zu schaffen, in dem alle Institute ihre Anliegen einbringen konnten. Dabei kam ihm seine Ausbildung zum Mediator – welche er als „Midlife-Crisis-Beschäftigung“ beschrieb – zugute, wo er wichtige Fertigkeiten, die sich für ihn als Dekan nützlich erweisen sollten, erlernte. Als Administrator war es wichtig, dafür zu sorgen, dass alles klaglos ablief – was ihm auch fast immer gelungen sei, wie er meinte. Trotzdem gab es den einen oder anderen Punkt, wo es laut ihm „geknirscht“ habe, jedoch erfüllte er seine Aufgaben bis zum Schluss immer mit Begeisterung. Als „Ermöglicher“ versuchte er, den Instituten die Bedingungen zu verschaffen, die sie benötigten, um ihre Visionen umzusetzen. Dabei ging es oft um kleine Anliegen, aber auch um größere Projekte wie beispielsweise „Historia Scribere“, welches von Gunda Barth-Scalmani, Irene Madreiter und Eva Pfanzelter ins Leben gerufen wurde, eine jährlich digital erscheinende Zeitschrift, deren Beiträge von Studierenden verfasst werden.

Natürlich lief nicht immer alles rund. Klaus Eisterer erzählte von seiner ersten „Amtsüberlegung“, als klar wurde, dass innerhalb weniger Jahre drei Professuren frei wurden, nämlich Österreichische Geschichte, Neuzeit und Zeitgeschichte: Seine Idee war, Schwerpunkte zu setzen und die drei unterschiedlichen Fächer miteinander über ähnlich ausgerichtete Professuren zu verbinden und damit einen starken Cluster zu schaffen. Jedoch stieß er damit auf Ablehnung – seine „erste und einzige blutige Nase“. Trotz der wenigen Rückschläge blickt Klaus Eisterer auf seine Karriere als Universitätsassistent, Dozent und Dekan gerne zurück und bewertet das Institut für Zeitgeschichte von den Anfängen bis zur heutigen Führung als herausragend und äußerst erfolgreich. Das zeigte sich auch für uns im Gespräch deutlich, da Eisterer leidenschaftlich über seine eigenen fast 40 Jahre am Institut für Zeitgeschichte erzählte.

 

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