Internationales
INTRAWI unterwegs: Erfahrungsberichte
Mein Auslandssemester an der Universität Alicante
Verena Reimer
erasmus in Alicante, Wintersemester 2018/19
Im Rahmen meines Bachelorstudiums der Translationswissenschaft verbrachte ich das Wintersemester 2018/19 in Alicante, Spanien. In diesem Bericht möchte ich allen, die sich für ein Auslandssemester in Alicante interessieren, meine Erfahrungen näherbringen und ein paar hilfreiche Tipps für ein erfolgreiches erasmus-Semester mitgeben.
Der Entschluss zum Auslandssemester
Bereits vor Beginn meines Studiums stand für mich fest, dass ich einmal in Spanien studieren oder arbeiten wollte. Nachdem einer meiner Freunde bereits im Vorjahr im Zuge eines Auslandsjahres in Alicante war, habe ich ein sehr gutes Feedback über diese Destination erhalten. Alicante hat vieles zu bieten: Die kleine überschaubare Stadt liegt am Meer, hat ein sehr mildes Klima und befindet sich in idealer Lage, um andere Städte Spaniens zu erkunden. Zudem bietet Alicante ein pulsierendes Nachtleben sowie jede Menge Restaurants und Cafés, wo man spanische Spezialitäten kennenlernen kann.
Die Organisation
Nachdem ich den Entschluss gefasst hatte, nach Alicante zu gehen, schickte ich ein Bewerbungsschreiben an meine Departmental Coordinator Frau Feyrer und erhielt bald die Zusage, dass ich für einen erasmus-Aufenthalt nominiert werden konnte. Die Organisation erfolgte überwiegend online mit dem International Relations Office (IRO), das mir alle notwendigen Informationen zuschickte, unter anderem für mein Learning Agreement. Das Learning Agreement ist eine Auflistung aller Kurse, die im Ausland besucht werden, und auch all jener Kurse, die dafür in Innsbruck angerechnet werden. Da ich im 5. Semester nicht mehr allzu viele Kurse offen hatte, war es gar nicht so einfach, Lehrveranstaltungen im Wert von 30 ECTS zu finden, für die es an der Universität in Alicante Entsprechungen gab. Es waren mehrere Termine bei unserem Studienbeauftragten Herrn Carpentieri notwendig, bis das Learning Agreement feststand. Als ich dann die endgültige Bestätigungsmail erhielt, waren aber alle Strapazen vergessen und die Vorfreude auf das Auslandssemester war riesig.
Die Wohnungssuche
Sofort machte ich mich an den nächsten Schritt und begab mich auf Wohnungssuche. Zum Glück gab mir ein Freund, der ein Jahr zuvor in Alicante war, die Handynummer seines damaligen Vermieters vor Ort. Wer niemanden kennt, findet in verschiedenen Facebook-Gruppen eine große Auswahl an Studenten-WGs im Zentrum von Alicante. Man kann sich auch in Uni-Nähe (San Vicente) eine Wohnung suchen, die meisten erasmus-Studierenden wohnen jedoch in Alicante, da sich dort das spanische Leben zwischen Tapas-Bars, Diskotheken und dem Strand (Playa de Postiguet) abspielt. Preislich ist das Wohnen in Alicante um einiges günstiger als in Innsbruck. Die Mieten betrugen zu meiner Zeit dort zwischen 200 und 300 Euro. Die meisten Wohnungen sind zwar gut ausgestattet, jedoch nur schlecht isoliert. Es ist also ratsam, sich eine Wohnung mit Klimaanlage zu suchen.
Das Klima
Ich kam am 30. August 2018 in Alicante an und reiste am 31. Jänner 2019 wieder zurück nach Innsbruck. Während dieser Zeit gab es nur sehr wenige Regentage und viel Sonnenschein in Alicante. Bis im November ging ich fast jeden Tag an den Strand, im Winter hatte es meist zwischen 15 und 20 Grad; kühl oder bewölkt war es nur selten. Einmal wagte ich sogar im Dezember einen Sprung ins Meer. Trotzdem sollte man sich ein paar Pullover einpacken, denn nachts kann es kühl werden.
Die Mobilität in der Stadt
Alicante ist ein kleines Städtchen und ideal, um die täglichen Wege zum Supermarkt, Strand, ins Kaffee oder in eine der vielen Bars zu Fuß zurückzulegen. Um vom Zentrum nach San Vicente zur Universität zu gelangen, kann man entweder den Bus oder die Straßenbahn nehmen. Die Tram benötigt ca. 30 Minuten, mit dem Bus ist man etwas schneller (ca. 20 min.). Spanische Busse sind meist sehr voll und laut, jedoch habe ich mich schnell daran gewöhnt und später sogar gerne den Alltagsgesprächen der Einheimischen gelauscht.
Die Universität
Ein großer Pluspunkt für die Universidad de Alicante ist zweifelsohne der riesige, wunderschön angelegte Universitätscampus. Zwischen Palmen und Kakteen, Brunnen, in denen Enten schwimmen, und Grünflächen, die zum Entspannen in den Pausen einladen, ist es zwar nicht so einfach, seinen Vorlesungsraum zu finden, aber man geht gerne an die Uni. Leider empfand ich persönlich die Organisation der Uni als unzureichend. Mein Learning Agreement musste während meines Aufenthaltes geändert werden, da es zu zeitlichen Überschneidungen einiger Kurse kam. Dabei fühlte ich mich leider ziemlich alleingelassen. Es gab zwar einen Koordinator vor Ort, jedoch musste ich bald feststellen, dass man sich um die meisten Dinge selbst zu kümmern hatte und alles ging nur sehr langsam voran. Die Kurse selbst waren im Großen und Ganzen interessant und boten mir die Gelegenheit, spanische Mitstudierende kennenzulernen.
Essen und Trinken
Die Auslandserfahrung endete aber nicht nach der Vorlesung, vielmehr fing sie dann erst richtig an. In Alicante gibt es unzählige Restaurants, Bars und Pubs, in denen man zu sehr günstigen Preisen essen und trinken kann. Wer sich gerne mit spanischen Tapas und Bier oder Wein um 1 Euro verwöhnen lassen will, sollte unbedingt in der berühmten low-cost Bar D’Tablas vorbeischauen. Natürlich gibt es auch etwas gehobenere Lokale, in denen man für österreichische Verhältnisse sehr günstig konsumieren kann. Wer jedoch um 18 Uhr mit hungrigem Magen dort ankommt, wird sich etwas gedulden müssen. Vor 20 Uhr kommt in Spanien kein Abendessen auf den Tisch. Leute, die um Mitternacht zu Abend essen, sind keine Seltenheit. Verhungern muss aber keiner: In der Straße La Rambla gibt es mehrere bekannte Fastfoodketten, die rund um die Uhr geöffnet haben. Bars und Pubs gibt es in Alicante wie Sand am Meer. Dort ist es laut und lebendig, gerne sitzt man auch im Freien. Am Wochenende ist es, als ob ganz Spanien in den Straßen säße, um mit Familie, den Freund:innen oder Arbeitskolleg:innen eine Jarra de Tinto de Verano oder Sangría zu trinken.
Fiesta
Ein Tag in Alicante beginnt grundsätzlich später: Die Supermärkte und Geschäfte öffnen erst gegen 10 Uhr, man isst abends sehr spät und geht dementsprechend auch später feiern. Üblicherweise trifft man sich um 22 Uhr in einer Bar. Clubs und Diskotheken sind vor 1 Uhr meist wie ausgestorben. Beliebt bei erasmus-Studierenden, Tourist:innen und Einheimischen ist die low-cost-Bar Parabarap, in der wöchentlich gratis Bachata- und Salsastunden zum ungezwungenen Mitmachen stattfinden. Dort ist eigentlich immer etwas los, auch schon vor 1 Uhr, was wohl an den Mojitos zum Schnäppchenpreis und der stimmungsvollen Reggaeton-Playlist liegt. Allgemein gilt: Wer nach Spanien geht, sollte sich auf überwiegend spanische bzw. lateinamerikanische Musik in den Clubs, jede Menge tanzender Menschen und eine mitreißende Stimmung einstellen. So eine spanische Partynacht kann schon mal bis 7:30 Uhr morgens dauern. Für den nächsten Tag ist eine Abkühlung im Meer übrigens das beste Mittel gegen die Nachwirkungen der durchfeierten Nacht.
Sprache und Kultur
Obwohl in Alicante neben Spanisch auch Valenciano, ein Dialekt des Katalanischen, gesprochen wird, hört man hauptsächlich Spanisch auf der Straße. Ich hatte keine Probleme, die Einheimischen zu verstehen, da sie für mein Empfinden eine relativ klare Aussprache haben. Ich erlebte die Leute dort als sehr hilfsbereit und offen; man ist dort den Kontakt mit Tourist:innen gewöhnt.
Weltweit verknüpft
Während meines erasmus-Aufenthaltes habe ich unglaublich viele offene und humorvolle Menschen buntgemischter Herkunft in kürzester Zeit kennengelernt und ins Herz geschlossen. Wer Zweifel hat, allein ins Ausland zu gehen, weil man dort niemanden kennt, sei also unbesorgt: Egal, wie verrückt und eigen du bist, bei erasmus gehörst du dazu. Ich habe hier echte Freunde gefunden, die ich auf der ganzen Welt besuchen kann, wann immer ich möchte. Ich habe vieles über andere Länder und Kulturen, aber auch über mich selbst gelernt.
Mein Auslandssemester in Alicante war eine tolle Erfahrung, die mir in jeder Hinsicht etwas gebracht hat. Ich würde mich jederzeit wieder dazu entscheiden und kann es nur jedem ans Herz legen, das Abenteuer erasmus selbst zu erleben.
Text: Verena Reimer