Standards der Eheseminare für Brautpaare
(Amtsblatt der Österreichischen Bischofskonferenz, Nr. 45 vom 1. Mai 2008, II., 5.)
Einleitung
1. Die Rahmenbedingungen für Eheseminare
Neben der Begleitung durch die Gemeinde, den verpflichtenden Trauungsgesprächen bei der Aufnahme des Trauungsprotokolls und der Vorbereitung auf die liturgische Feier der kirchlichen Trauung ist der Besuch eines Eheseminars für Brautpaare fester Bestandteil einer umfassenden Trauungspastoral. Jeder Diözesanbischof trägt in seiner Diözese die Verantwortung für ein qualitativ gutes Angebot von Eheseminaren mit gut ausgebildeten Referent/inn/en.
Deshalb sind die Verantwortlichen in den Diözesen aufgerufen, alle Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Teilnahme aller Brautpaare bei den Seminaren im Ausmaß von wenigstens einem Tag bzw. 8 Einheiten (zu mindestens 45 Minuten je Einheit) ermöglichen.
Begrüßenswert sind Angebote mit 12 und mehr Einheiten, um eine noch intensivere Auseinandersetzung zu ermöglichen. Es ist notwendig, die entsprechenden personellen und finanziellen Ressourcen für die Umsetzung vorzusehen.
Ziele
2. Stärkung der Beziehungsebene
Es geht um das Gelingen der Ehen.
Die Eheseminare sollen einen Rahmen bieten, in dem die Brautpaare sich mit den spezifischen Schwierigkeiten und Anforderungen heutiger Ehe-Wirklichkeit auseinandersetzen können. Unrealistische Erwartungen und überzogene Sinnansprüche müssen vermieden und gegebenenfalls thematisiert werden. Die Referent/inn/en sind herausgefordert, ein im Alltag lebbares Bild von Ehe und Familie zu vermitteln.
Den Brautpaaren soll jenes christliche Rüstzeug vermittelt werden, das ihnen hilft, in der Liebe zu wachsen und zu reifen sowie Konflikte zu bewältigen und Gefährdungen erfolgreich zu begegnen. Die Eheseminare sollen konkret ein Gesprächs-, Konflikt- und Versöhnungsverhalten aus christlicher Gesinnung vermitteln und fördern.
3. Stärkung der Glaubensebene
Es geht um die Gestaltung des Ehelebens aus dem Glauben.
Die Eheseminare müssen das kirchliche Eheverständnis vermitteln und die Ehe als Sakrament verständlich machen. Durch Gespräch und Reflexion über ihre eigene Spiritualität soll den Brautpaaren geholfen werden, ihren Glauben zu stärken und ihre Ehe als Berufung zu erkennen.
Die Brautpaare sollen dazu hingeführt werden, die eigene Lebensgeschichte immer tiefer als Glaubensgeschichte, das heißt als Leben in Beziehung zu Gott, verstehen zu lernen und das Sakrament der Ehe als Kraftquelle für den Ehe-Alltag immer mehr zu entdecken.
Dabei ist zu beachten, dass „der Glaube dessen, der von der Kirche eine Trauungsfeier erbittet, verschiedene Grade haben“ (Familiaris Consortio, 68) kann und auch „Brautleute mit einer nur unvollkommenen Einstellung zur kirchlichen Trauung zuzulassen“ (FC 68) sind.
4. Stärkung der Verantwortung für das Leben
Es geht um Offenheit für das Leben und um verantwortete Elternschaft.
Die Eheseminare sollen die Brautpaare ermutigen, Kinder zu bejahen und freudig anzunehmen. Den Brautpaaren soll vermittelt werden, dass die Offenheit für neues Leben nicht nur eine unverzichtbare Voraussetzung für die Gültigkeit einer katholischen Ehe ist, sondern auch die Konsequenz ihrer liebenden Hingabe aneinander.
Referent/inn/en
5. Der wichtige Dienst der Referent/inn/en
Die Referent/inn/en erfüllen einen äußerst wichtigen und sensiblen pastoralen Dienst im Auftrag der Kirche. Ihre Aufgabe ist es nicht nur, die Brautpaare zu einem vertieften Verständnis von Ehe als Sakrament zu führen, sondern sie auf dem Weg zur kirchlichen Trauung einen Schritt zu begleiten. Dazu müssen sie die Erfahrungen der Brautpaare würdigen, respektvoll auf deren spezifische Situation eingehen und ihnen in grundsätzlich dialogischer Weise den Raum zur vertieften Auseinandersetzung mit ihrer Entscheidung zur Eheschließung eröffnen.
Die Referent/inn/en sollen die Brautpaare zu einer persönlichen Reflexion über Ehe, kirchliche Eheschließung und Glauben anregen. Warum heirate ich kirchlich? Will ich mich darauf einlassen, mein Eheversprechen zu verwirklichen und den Weg des Glaubens zu gehen?
6. Die inhaltliche Motivation der Referent/inn/en
Die Referent/inn/en sollen aus ihrem persönlichen Glauben heraus motiviert sein, den Brautpaaren zu einem geglückten Leben aus dem Ehesakrament zu helfen. Die Referent/inn/en sollen durch ihren Dienst:
- das Brautpaar unterstützen, die persönliche Entscheidung zur unauflöslichen, sakramentalen Ehe zu reflektieren, zu klären und zu bestärken;
- dem Brautpaar die Zuversicht geben, dass eine dauerhafte Beziehung wertvoll und schön ist und auch heute gelingen kann;
- das Brautpaar bestärken, die Verantwortung für einander und für den gemeinsamen Lebensweg zu übernehmen und die eigene Ehe vorzubereiten;
- das Brautpaar ermutigen, den Ehe-Alltag aus der Gnade des Sakramentes, d.h. aus der Kraft der Liebe, der Frohen Botschaft und des Glaubens zu gestalten;
- das Paar anregen, seine Beziehungskompetenz weiter zu entwickeln;
- dem Brautpaar helfen, die Eigenart der ehelichen Liebe zu entdecken und darin zu wachsen;
- das Brautpaar in seiner Offenheit und Verantwortung für das Leben bestärken;
- das Brautpaar ermutigen, am kirchlichen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und es mitzugestalten und aus den Sakramenten der Eucharistie und der Versöhnung immer wieder Kraft für ihren Alltag zu schöpfen.
7. Die methodisch und inhaltlich kompetente Vermittlung
Um die genannten Ziele zu erreichen, sind bei den Eheseminaren angemessene Methoden anzuwenden und die Referent/inn/en entsprechend zu schulen.
Neben der Kompetenz in den Methoden muss es aber auch eine klare Abstimmung bezüglich der Inhalte der Eheseminare geben. Die nachstehenden Inhalte sind in einer fachtheologischen und biblischen Sprache dargelegt. Sie müssen in den Seminaren in gut verständliche Formulierungen geformt werden, ohne diese Inhalte zu verfälschen.
Inhalte der Eheseminare
8. Ehe im Plane Gottes
Die Ehe ist eine umfassende Lebensgemeinschaft von Mann und Frau, die in ihrer Grundgestalt von Gott, dem Schöpfer, begründet wurde. Deshalb kommt der Ehe eine besondere Würde und ein hoher Wert zu (Gen2).
9. Als Mann und Frau geschaffen – zur Familie berufen
„Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie…“ (Gen1,27ff.). Die Heilige Schrift lehrt, dass Mann und Frau, beide, als Personen Abbild Gottes sind, in je ihrer Eigenheit. Mann und Frau sind nicht nur ebenbürtig und haben die gleiche Würde, sie sind auch aufeinander hingeordnet. In der ehelichen Gemeinschaft, die darauf angelegt ist, dass aus ihr Kinder hervorgehen und eine Familie entsteht, werden sie zu einem Abbild der Liebe des dreieinigen Gottes.
10. Ehe – ein Sakrament
Das Sakrament der Ehe ist ein ganz zentrales Thema der Eheseminare.
Die Heilige Schrift bezeugt, dass die Liebe von Mann und Frau Bild und Gleichnis für den Treue-Bund Gottes mit den Menschen ist, der sich in der Liebe Jesu zu seiner Kirche ausdrückt (Eph 5,32). Das „Ja“ bei der kirchlichen Trauung und die in der Ehe gelebte Liebe sind Ereignis und Zeichen der Liebe und Treue Gottes.
„Christus der Herr hat diese (eheliche) Liebe, die letztlich aus der göttlichen Liebe hervorgeht und nach dem Vorbild seiner Einheit mit der Kirche gebildet ist, unter ihren vielen Hinsichten in reichem Maße gesegnet. Wie Gott einst durch den Bund der Liebe und Treue seinem Volk entgegenkam, so begegnet nun der Erlöser der Menschen und der Bräutigam der Kirche durch das Sakrament der Ehe den christlichen Ehegatten.“ (Gaudium et spes, 48)
So ist die Ehe also zuinnerst das Ereignis einer von Gott geschenkten und getragenen Liebe. Der gemeinsame, von Liebe durchwirkte Lebensweg ist für die Eheleute der Weg, auf dem sie geführt vom Heiligen Geist Christus nachfolgen. Eine gepflegte Beziehung mit Gott, das Hinhören auf sein Wort, der Umgang mit dem Heiligen Geist, die Liebe zur Eucharistie und die Entdeckung der Hilfe, die aus dem Empfang des Sakramentes der Versöhnung entspringt, sowie persönliche und gemeinsame Bemühung um eine christliche Lebensgestaltung führen zu einer allmählich tiefer werdenden Erfahrung dessen, was das Ehesakrament ist.
Indem das Ehepaar dieser göttlichen Dimension ihrer verbindenden Liebe Raum gibt, insbesondere durch die regelmäßige Mitfeier der Eucharistie und den Empfang des Sakramentes der Versöhnung und das Mühen um eine gemeinsame christliche Lebensgestaltung, entfaltet und vertieft sich das „Ja“ der kirchlichen Trauung.
Die Eheseminare sollen vor allem ein Ort der Mystagogie in diese von Gott geschenkte Liebe sein. Die erlebte Freude über diese Liebe soll die Seminare prägen. Diese Liebe soll in all ihren Dimensionen zur Sprache kommen: in ihrer konkreten Geschichtlichkeit und ihrer Ewigkeit, ihrer Natürlichkeit und in ihrer Göttlichkeit, als Gabe und als Aufgabe, als körperliches und als geistiges Geschehen, als Erfahrung von Freiheit in Verbindlichkeit, in ihrer Hinordnung auf die Weitergabe des Lebens, in ihrer Sakramentalität und Kirchlichkeit usw.
11. Wesensmerkmale der sakramentalen Ehe
Die Ehe ist ein sakramentaler Bund, durch den Mann und Frau die personale Gemeinschaft ihres ganzen Lebens begründen. Die wesentlichen Ziele dieser Gemeinschaft sind das Wohl der Ehepartner und die Zeugung und Erziehung von Kindern.
So wie der Gottesbund mit den Menschen ist auch der Ehebund unauflöslich. Er entsteht durch die freiwillige Entscheidung des Brautpaares, das auf die Hilfe Gottes baut. Inhalt des ehelichen Versprechens ist die dauerhafte Treue und die Bereitschaft, Kinder zu bejahen und im christlichen Glauben zu erziehen. Das bedeutet auch ein Ja zu Mitverantwortung in Kirche und Welt.
12. Kirchenrechtliche Verdeutlichung
Eine katholische Trauung ist auch ein kirchlicher Rechtsakt, durch den das Sakrament zustande kommt und sich die beiden Eheleute zu einer unauflöslichen Gemeinschaft zusammenschließen. Daher sind vor der Eheschließung auch eine Reihe von „Formalitäten“ erforderlich, die für die Gültigkeit der Ehe wichtig sind: So werden z.B. bei der Aufnahme des Trauungsprotokolls die Fähigkeit und Bereitschaft sowie der Wille zur sakramentalen Ehe geklärt.
Eine gültige katholische Ehe kommt durch den bewussten und freiwilligen Konsens der Eheleute zustande, durch die beidseitige Willenserklärung, einander bis zum Tod treu sein zu wollen und die Kinder zu bejahen, die Gott schenkt.
Mit der Eheschließung werden bestimmte Rechte und Pflichten übernommen, die durch das Kirchenrecht definiert sind: z.B. die Pflicht zu gegenseitiger Hilfe, die Pflicht zur Kindererziehung usw.
13. Feier der kirchlichen Trauung
Im Zentrum des Trauritus steht das Eheversprechen, das Ja, das Mann und Frau vor Gott und den Menschen (Zeug/inn/en) einander zusagen. Die Brautpaare sollen hingeführt werden, dieses Treueversprechen aus dem Glauben zu verstehen, ebenso den Trauritus und seine Symbole. Sie werden ermutigt, ihren Trauungsgottesdienst im Rahmen der liturgischen Normen persönlich mitzugestalten.
Der Priester soll in den Trauungsgesprächen konkret auf den Ritus und die Gestaltung eingehen. Hilfe dazu – etwa bei der Auswahl der für die Liturgie vorgesehenen Schrifttexte oder der Fürbitten – wird den Brautpaaren in den Seminaren angeboten.
Am Ende des Seminars soll ein Abschlussgottesdienst stehen, der das Erleben im Seminar zusammenfasst und vor Gott bringt. Dies kann ein Abschlussgebet, Segensritual, Wortgottesdienst oder, wenn ein Priester anwesend ist, eine Heilige Messe sein.
14. Sexualität in der Ehe
Geschlechtlichkeit gehört zum Wesen des Menschen. Sie ist ein wunderbares Geschenk unseres Schöpfers, das angenommen werden will, von Gesten der Zärtlichkeit bis hin zum Geschlechtsakt. Die leibliche Ganzhingabe ist von Gott gewollt als Ausdruck und Frucht der personalen Liebe. Der Geschlechtsakt, in dem Mann und Frau sich einander schenken, ist nicht etwas rein Biologisches, sondern etwas, das den innersten Kern der menschlichen Person betrifft. Dabei ist zu bedenken, dass die Geschlechtlichkeit in der Ehe zwei Sinngehalte hat, die in einer bestimmten Weise miteinander verknüpft sind und nicht eigenmächtig getrennt werden dürfen (vgl. K 496): die Vereinigung (die gegenseitige Hingabe von Mann und Frau) und die Fortpflanzung (die Bereitschaft zur Weitergabe des Lebens). Die Brautpaare sollen die innere Einheit der beiden Dimensionen ihrer Geschlechtlichkeit verstehen und bejahen.
In der Exklusivität und Intimität ihrer Sexualität können die Eheleute einander tief beschenken, aber auch tief verletzen. Deshalb sind Einfühlungsvermögen und Selbstbeherrschung, Zärtlichkeit und gegenseitige Achtung, d.h. eine Kultur der Liebe, unverzichtbar.
15. Verantwortete Elternschaft
Bei der Trauung werden die künftigen Eheleute gefragt: „Sind Sie bereit, die Kinder, die Gott Ihnen schenken will, anzunehmen?“ Ohne das grundsätzliche „Ja“ der Brautleute kann keine gültige Ehe geschlossen werden.
Auch wenn heute dem früher selbstverständlichen „Ja“ zu Kindern vieles entgegensteht, bleibt es grundlegende Aufgabe der Familie, dem Leben zu dienen, d.h. in der Ehe den Ursegen des Schöpfers zu empfangen und zu verwirklichen, in der Zeugung und Erziehung die Gottesebenbildlichkeit von Mensch zu Mensch weiterzugeben (vgl. Gen5,1–3).
Im Vertrauen auf Gott, der sich in der Heiligen Schrift offenbart, und in Übereinstimmung mit dem kirchlichen lehramt sollen die Eheleute ihre Überlegungen bezüglich der Zahl der Kinder und ihr Verhalten auf den göttlichen Schöpfungsplan ausrichten. Sie werden im Hören auf ihre Berufung und im Gespräch miteinander mit dem Blick auf das Wohl ihrer Kinder, das Gesamtwohl der Familie und die Bedürfnisse von Gesellschaft und Kirche und unter Einbeziehung der persönlichen Gesundheit und Belastbarkeit zu erkennen suchen, was für sie in Bezug auf die Kinderzahl richtig ist.
Wenn berechtigte Gründe für längere Abstände zwischen den Geburten der Kinder vorliegen, momentan oder vielleicht sogar auf Dauer auf (weitere) Kinder verzichtet werden muss, vertritt die Kirche die so genannte „natürliche Empfängnisregelung“. Sie ist – bei Vorhandensein der erwähnten Gründe – sittlich erlaubt, weil dies ein in der Natur des Menschen begründeter, vom Schöpfer selbst vorgegebener Weg zur Regelung der Kinderzahl ist. Die Brautpaare sollen ermutigt werden, gemeinsam die Entscheidung zur natürlichen Familienplanung zu treffen. Die natürliche Empfängnisregelung ist zwar der „schwierigere Weg“, hat aber das Potential, die Sexualität und die Beziehung insgesamt zu vertiefen. „Die Entscheidung für die natürlichen Rhythmen beinhaltet ein Annehmen der Zeiten der Person, der Frau, und damit auch ein Annehmen des Dialoges, der gegenseitigen Achtung, der gemeinsamen Verantwortung“ (FC32). Das Paar lernt, sensibel miteinander umzugehen. Die periodische Enthaltsamkeit kann die Zärtlichkeit zwischen den Eheleuten fördern, Selbstbeherrschung und Rücksichtnahme vertiefen die Liebe. Die Paare sollen argumentativ und wertschätzend über Angebote zur Einführung in die natürliche Empfängnisregelung informiert werden.
16. Empfängnisverhütung
Die Kirche lehnt alle Methoden der Empfängnisverhütung ab, besonders jene, die die Möglichkeit der Frühabtreibung einschließen (Nidationshemmer) oder die Gesundheit der Frau oder des Mannes beeinträchtigen können.
Darüber hinaus gilt, dass sich an der Liebe und an der Ehe vergeht, wer „grundsätzlich aus egoistischer Einstellung die Nachkommenschaft in der Ehe ausschließt“ (Maria-Troster-Erklärung der Österreichischen Bischöfe vom 22. September 1968). Verhütung birgt den Widerspruch in sich, die gegenseitige volle Hingabe der Ehegatten zu untergraben, sodass der Geschlechtsakt nicht mehr ist, was er sein soll: „Ausdruck eines vorbehaltlosen gegenseitigen Sich-Schenkens der Gatten“ (FC 32).
Brautpaare, die durch ihre bisherige Lebenspraxis dieser Lehre der Kirche nicht entsprechen, sollen einfühlsam und liebevoll eingeladen werden, im Gespräch miteinander und mit Gott ihre diesbezügliche Einstellung zu überprüfen.
17. Umfassender Schutz des Lebens
Durch die Hingabe der Ehegatten in der Liebe kann neues Leben entstehen und sie können zu Mitwirkenden am göttlichen Schöpfungsakt werden. Menschliches Leben kommt aus der Liebe, es ist ein heiliges Gut, ein Geschenk Gottes, etwas, über das niemand verfügen darf: Es ist unantastbar vom ersten Moment seiner Existenz, von der Empfängnis an, bis zum letzten Augenblick, dem Tod.
Daher übernehmen christliche Eheleute im Respekt vor der Würde des Menschen Verantwortung und Fürsorge für ihre Kinder. Das ungeborene Leben im Mutterleib, Menschen mit Behinderungen sowie alte und kranke Menschen verdienen denselben Respekt und brauchen besonderen Schutz.
18. Christliche Gestaltung des Ehe- und Familienlebens im Alltag
Eheliche Liebe schöpft ihre Kraft aus der Liebe Gottes. Eine christliche Ehe- und Familienkultur soll eine umfassende Kultur der Liebe sein, in der das Glück jeder Person (Alt und Jung) angestrebt wird. Die Eheleute dürfen sich und ihre Ehe allerdings nicht überfordern, indem sie vom Partner/von der Partnerin und der Ehe letzte Selbst- und Sinnfindung erwarten. Kein Mensch kann für den anderen „Ein und Alles“ sein.
Im Bemühen um die Einheit von Glauben und Leben werden die Eheleute das regelmäßige Gebet, persönlich, als Paar und in der Familie pflegen. Die gemeindliche Feier der heiligen Messe am Sonntag ist für sie Höhepunkt und Kraftquelle für das tägliche Leben.
Die Brautpaare sollen angeregt werden, Rituale für den Alltag, wie etwa Segensgesten, zu entwickeln. Kirchliche Feste im Kirchenjahr und im Lebenszyklus, besonders auch die Feier der Sakramente, sollen in entsprechender Form auch in der Familie zur Geltung kommen. Jede Familie wird versuchen, ihren individuellen Stil einer bewusst christlichen Gestaltung ihres Familienalltags zu finden.
19. Partnerschaftliche Kommunikation
In der Vorbereitung auf das Sakrament der Ehe wird die Bedeutung einer guten partnerschaftlichen Kommunikation für die Zufriedenheit einer Ehe auf Dauer besonders herausgestellt. Die Brautpaare sollen ermutigt werden, alle Anstrengungen zu unternehmen, um ihre Kommunikation, verbal und nonverbal, weiter zu verbessern.
Dazu gehört auch eine dem Paar gemäße Kultur des Umgangs mit Konflikten, mit Schuld und Versöhnung. Sie sollen lernen, Konflikte zu besprechen und Versöhnung zu üben. Bei der Versöhnung spielen nicht nur das Gespräch, die konstruktive Auseinandersetzung sowie gemeinsame Rituale eine wichtige Rolle, sondern auch die Kenntnis und Wertschätzung des Sakramentes der Versöhnung. Die Brautpaare sollen einen vertrauensvollen Zugang zu diesem Sakrament finden: Durch die Beichte empfangen sie nicht nur die Vergebung all ihrer Sünden und die persönliche Versöhnung mit Gott, sondern sie erhalten auch die Gnade, in der Beziehung mit dem Ehepartner/der Ehepartnerin neu anzufangen und insgesamt in der Liebe zu wachsen.
20. Mitverantwortung in Gesellschaft und Kirche
Eine Frage bei der Trauung lautet: „Sind Sie bereit, als christliche Eheleute Mitverantwortung in der Kirche und in der Welt zu übernehmen?“ Den Ehepaaren soll bewusst werden, dass es viele Bereiche gibt, wo sie ihre Verantwortung als Christ/inn/en wahrnehmen können: Schule, Pfarre, Vereine, Lebensschutz, Umwelt, Fairer Handel, Politik…
Gerade als Eheleute und Familie werden sie sich in die je größere Gemeinschaft einbringen und dort an der Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen beteiligen.
21. Ehe als spannender Prozess mit verschiedenen Phasen
Jeder Einzelne hat seine eigene Geschichte und Prägung durch Herkunft und Familie, Freundeskreis und Bildung usw. Eine junge Ehe braucht die Loslösung vom Elternhaus, um sich entfalten zu können, dazu müssen sie ihre Verantwortlichkeit und Zugehörigkeit neu ordnen.
Die Eheleute müssen lernen, den Blick auf die gemeinsame Zukunft zu richten: auf die gemeinsamen und persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten, sie müssen die berufliche Situation koordinieren, sich auf die Elternschaft einstellen. Wichtig ist das Bewusstsein, dass der gemeinsame Lebensweg Entwicklungen und Veränderungen bringen wird. Die Eheleute sollen sich gegenseitig ermutigen, sich selbst anzunehmen und einander in ihrer Persönlichkeitsentwicklung beizustehen. Jede Ehe ist ein spannender Prozess mit verschiedenen Phasen.
Eine einschneidende Veränderung stellt die Familiengründung dar, wenn aus dem Ehepaar auch ein Elternpaar wird. So soll auf die Wichtigkeit hingewiesen werden, dass Paare über ihrer Elternrolle nicht die Zuwendung zum Partner, zur Partnerin vernachlässigen.
Die Paare sollen dazu angehalten werden, sich mit anderen Paaren zu vernetzen, etwa in Form von Ehe- und Familienrunden, und die kirchlichen Weiterbildungsangebote zu nützen.
Die Eheseminare sollen zu einer Familienkultur hinführen, in der die Paare auch über sehr praktische Aspekte informiert werden: z.B. dass es wichtig ist, Zeit füreinander zu nehmen und Feste feierlich zu gestalten. Bedeutungsvoll ist auch, die Rolle des Fernsehens im Familienalltag in rechter Weise zu dimensionieren usw. Ein Leben lang muss ein Paar durch viele konkrete praktische Entscheidungen an der eigenen Einheit und an der versprochenen Liebe bauen und „arbeiten“.
Die Aus- und Weiterbildung der Referent/inn/en
Damit diese Mindeststandards in den Eheseminaren verwirklicht werden können, braucht es ein angemessenes Ausbildungsprogramm für die Seminarbegleiter/inn/en, auch für die Priester und Diakone. Unerlässlich bleibt, dass dieser Ausbildung die nötige Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Da für Eheseminare Verheiratete, die sich um ein Leben aus dem Ehesakrament bemühen, besonders wertvoll sind, sollen solche Paare verstärkt herangezogen, ausgebildet und geschult werden, damit sie wirkungsvoll über ihre Erfahrungen Zeugnis ablegen können.
Den Verantwortlichen in den Diözesen muss es ein Anliegen sein, die Rahmenbedingungen für eine Weiterbildung und geistliche Begleitung der Referent/inn/en zu schaffen.
Diese Standards der Eheseminare für Brautpaare wurden von der Österreichischen Bischofskonferenz am 9. November 2007 in ihrer Herbstvollversammlung im Heiligen Land von 4. bis 10. November 2007 approbiert und treten mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Österreichischen Bischofskonferenz in Kraft.